Die Corona-Pandemie hat auch Spuren bei der sexuellen und reproduktiven Gesundheit von Männern hinterlassen. Geschädigte Testes und erektile Dysfunktion (ED) könnten die Konsequenzen einer Infektion sein.

SARS-CoV-2 kann zum einen Schäden an den männlichen Fortpflanzungsorganen hinterlassen, zum anderen wirkt sich psychischer Stress wie Existenzängste, depressive Störungen und Vereinsamung negativ auf die Potenz aus. Ein Team von Wissenschaftlern aus der Türkei, Italien und Deutschland hat die Zusammenhänge in einem Review-Artikel gebündelt.

figure 1

© Pissanu, Stock Adobe

Eine Infektion mit dem Coronavirus kann sich negativ auf die Potenz auswirken.

Quelle: Kaynar M et al. Int J Impot Res 2022;34:152-157; doi: 10.1038/s41443-022-00540-0

Folge von COVID-19: Endotheliale Dysfunktion

Das Gefäßendothel gehört zu den wichtigsten Angriffspunkten von SARS-CoV-2. Eine Funktionsstörung des Endothels führt zu Gefäßverletzungen, gefolgt von Koagulopathien und thrombotischen Zuständen in den Organen - auch im Corpus cavernosum und am Hoden. Studien haben gezeigt, dass die Fähigkeit von COVID-19, in Zellen einzudringen, stark vom Vorhandensein des Angiotensin-konvertierendem Enzym 2 (ACE2) abhängt. ACE2 wird in Leydig-Zellen, Tubuli seminiferi und Keimzellen stark exprimiert. Auch die während des Zytokinsturms produzierten Entzündungsmoleküle wie TNF-α, IL-6 und IL-1β haben Einfluss auf den klinischen Verlauf der ED. Zusätzlich wurde in mehreren Studien beobachtet, dass nach einer COVID-19-Infektion die Bildung von Testosteron beeinträchtigt ist, was auch eine ED begünstigen kann. "Diese Tatsachen lassen die Hypothese aufkommen, dass das Hodengewebe für eine Ansteckung mit SARS-CoV-2 besonders anfällig sein könnte", schreiben die Autoren um Mehmet Kaynar von der Selcuk University School of Medicine in Konya, Türkei.

Psychische Belastungen durch die Pandemie

Unabhängig davon, ob ein Mann sich mit SARS-CoV-2 infiziert hat, kann die Pandemie Einflüsse auf das Sexualleben haben. Unter anderem kam es zu Verschiebungen von Beziehungsgefügen durch die Corona-Maßnahmen. Die Besorgnis, sich bei sexuellen Interaktionen anzustecken, die erzwungene Trennung von Intimpartnern oder Eskalationen von Ehekonflikten gehören zu einigen der Faktoren, die zu sexuellen Problemen beitrugen.

Sorgen, Ängste und Depressionen verschlimmerten sich. In Studien wurde immer wieder von einem signifikanten Rückgang der männlichen Sexualfunktion durch COVID-19, insbesondere der Verschlechterung der Erektionsfähigkeit, berichtet. Letztere steht in engem Zusammenhang mit Angstzuständen und depressiven Symptomen.

Für die Behandlung der ED plädieren die Autoren für Interventionen mit einem integrierten und multidisziplinären Ansatz, der medizinische und psychologische Ansätze (z. B. kognitive Verhaltenstherapie, Sexualtherapie) kombiniert. Auch auf die geschädigten Testes als Folge einer SARS-CoV-2- Infektion sollte ihrer Meinung nach ein Augenmerk gelegt werden, indem die Hodenfunktion infizierter Patienten überwacht wird.