Bei vielen Patienten mit häufiger oder schwerer Migräne ist eine Prophylaxe mit monoklonalen Antikörpern gegen das Calcitonin gene-related peptide (CGRP) oder dessen Rezeptor wirksam. Wird die Anwendung ausgesetzt, steigt die Zahl der Migränetage in der Regel wieder.

Die meisten Leitlinien empfehlen bei einer medikamentösen Migräneprophylaxe eine Medikamentenpause nach sechs bis zwölf Monaten, um die weitere Notwendigkeit zu beurteilen. Nun berichten Ärzte eines Schweizer Zentrums in einer Studie über 52 Patienten (47 Frauen, mittleres Alter: 48 Jahre), die aufgrund von Vorgaben der Erstattungsfähigkeit nach zwölf Monaten eine dreimonatige Therapiepause eingelegt hatten. 51 Patienten erhielten Erenumab, einer Galcanezumab.

89% der Patientinnen und Patienten in der Studie nahmen die Antikörpertherapie nach der Unterbrechung wieder auf.

Zur Therapiebeginn hatten die Patienten im Mittel 16 Migränetage pro Monat. Nach drei Monaten ging die Zahl auf 6 zurück, nach zwölf Monaten auf 5. Das entsprach einer prozentualen Reduktion um 69%. Nach zwölf Monaten unterbrachen 45 Patienten die Therapie. 89% begannen sie allerdings erneut, nach einer mittleren Zeit von 13 Wochen.

Bei Patienten mit episodischer Migräne nahm die Zahl der Migränetage im ersten Monat der Therapieunterbrechung von 5 auf 8 zu, im zweiten Monat auf 9 und im dritten auf 12. Patienten mit chronischer Migräne hatten nach zwölf Monaten 5 Migränetage, die dann in Monatsschritten auf 5, 8 und 11 Tage zunahmen.

Quelle: Gantenbein AR, Agosti R, Gobbi C et al. Impact on monthly migraine days of discontinuing anti-CGRP antibodies after one year of treatment - a real-life cohort study. Cephalalgia. 2021;41:1181-6

MMW-Kommentar

Die Empfehlung einer Therapieunterbrechung stützt sich nicht primär auf wissenschaftliche Daten, sondern ist durch die hohen Kosten einer Antikörpertherapie getrieben. Dies ist nun die erste Studie, die die Frage prospektiv untersucht hat. Bei fast allen Patienten nahm die Migränehäufigkeit wieder zu, allerdings ohne die ursprüngliche Häufigkeit zu erreichen. Das galt insbesondere für die chronischen Migräne: Anfangs waren es 20, in der Aussetzphase 11 Migränetage.

Einschränkend ist zu erwähnen, dass die Patienten kurz nach Einführung der monoklonalen Antikörper behandelt wurden und daher wahrscheinlich eine besonders stark betroffene Population repräsentieren. Eine kleinere, retrospektive Studie aus Italien beobachtete keine signifikante Zunahme der Migränetage nach einer Therapiebeendigung [Raffaelli B et al. J Headache Pain. 2019;20:66].

Für den klinischen Alltag bedeutet dies, dass weiterhin nach einem gewissen Zeitraum eine Therapiepause eingelegt werden sollte. Nach den Daten der Schweizer Kollegen muss allerdings nicht mindestens drei Monate gewartet werden, um zu beurteilen, ob eine Fortführung notwendig und vom Patienten erwünscht ist.

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Prof. Dr. med. H.-C. Diener

Klinische Neurowissenschaften, Universität Duisburg-Essen