Der GABAB-Rezeptor-Agonist Baclofen senkte in einer Studie zur Therapie der Alkoholabhängigkeit die Zahl der schweren Trinktage und steigert die der abstinenten Tage. Es ist nicht das erste Mal, dass das Muskelrelaxans gute Ergebnisse liefert.

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Für eine klinische Studie wurden 120 ambulant behandelte Patienten mit einer Alkoholabhängigkeit in drei Behandlungsarme randomisiert. In zwei der Gruppen erhielten sie Baclofen, nämlich 3 × 30 mg/d oder 3 × 10 mg/d, in der dritten Placebo. Der Wirkstoff wurde schrittweise eindosiert und gegen Ende der 16-wöchigen Studie wieder ausgeschlichen. Die beiden primären Endpunkte, die Zahl schwerer Trinktage (> 70 g bei Männern, > 56 g bei Frauen) und abstinenter Tage, wurden regelmäßig in Interviews abgefragt. Im Urin wurden die Baclofenspiegel gemessen.

In einer Intention-to-treat-Analyse wurden die Daten von 118 Patienten ausgewertet. In den Baclofen-Gruppen hatten die Patienten über die 16-wöchige Studienphase im Schnitt 13,6 schwere Trinktage weniger und 12,9 Abstinenztage mehr als in der Placebogruppe. Die höhere Dosis war der niedrigen jeweils überlegen. Für die höhere Dosis ergaben sich eine moderate Effektstärke von d = 0,51 (95%-Konfidenzintervall: 0-0,77) für die schweren Trinktage und d = 0,47 (0,02-0,91) für die Abstinenztage.

Eine Analyse nach Geschlecht zeigte einen signifikanten Effekt nur bei Frauen mit der niedrigen Dosierung. Frauen mit hoher und Männer mit niedriger Dosis erfuhren marginale Vorteile, während die niedrige Dosis bei Männern keinen Effekt hatte. Gar keine Einfluss hatte indes die Höhe der Trinkmenge vor Studieneinschluss.

Unter Baclofen traten Nebenwirkungen wie Sedierung, Übelkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Juckreiz und Obstipation auf, und zwar häufiger bei Frauen.

Quelle: Garbutt JC, Kampov-Polevoy AB, Pedersen C et al. Efficacy and tolerability of baclofen in a U.S. community population with alcohol use disorder: a dose-response, randomized, controlled trial. Neuropsychopharmacology. 2021;46:2250-6

MMW-Kommentar

Die Testung gegen Placebo und nicht gegen die Standardbehandlung stellt eine Einschränkung dar. So erlaubt die methodisch anspruchsvolle Studie keine Aussage zu Überlegenheit oder Gleichwertigkeit gegenüber bereits zugelassenen Medikamenten zur Rückfallprophylaxe wie Naltrexon und Acamprosat oder zur Konsumreduktion wie Nalmefen. Die nachgewiesenen Effekte sprechen aber weiter für eine mögliche Wirksamkeit von Baclofen.

In bisher vier Metaanalysen zeigte sich ein signifikanter Effekt auf den Anteil rückfallfreier Patienten, nicht aber auf den Anteil abstinenter Tage oder auf das Alkoholverlangen [de Beaurepaire R et al. Front Psychiatry. 2018;9:708]. Auch Hinweise auf unterschiedliche Effekte und Nebenwirkungsraten von Baclofen bei Männern und Frauen gab es bereits.

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PD Dr. med. P. Bach

Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin, Universität Heidelberg