Ein 46-jähriger Patient wird uns akut durch die Hausärztin vorgestellt. In deren Praxis, in der sich der Patient erstmals vorgestellt hatte, war ein auffälliger HbA1c von 12% festgestellt worden.

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Es stellt sich bei uns ein leicht übergewichtiger Patient (BMI 27 kg/m2) vor. Seit ca. 10 Monaten habe er Müdigkeit, Polydipsie und Polyurie bemerkt und sich deshalb ein Blutzucker(BZ)-Messgerät gekauft (BZ-Werte von ca. 500 mg/dl). Daraufhin habe er die Ernährung umgestellt und ca. 14 kg Gewicht verloren. Keine Medikamente, Nikotin ca. 7 Zigaretten/Woche, Mutter mit Typ-2-Diabetes.

Erstmaßnahmen und weitere Diagnostik

Die Erhebung der Vitalparameter zeigt einen Blutdruck von 136/96 mmHg und eine Herzfrequenz von 99/min. Laborchemisch liegt der BZ bei 368 mg/dl, zudem Glukosurie, keine Ketonurie nachweisbar. TSH, Kreatinin, Transaminasen, LDL, C-Peptid und GAD/IA-2/Zn-T8-AK werden abgenommen sowie der Urin auf Albumin hin untersucht.

Ursachen einer Hyperglykämie

Eine Hyperglykämie kann einerseits auf einen manifesten Diabetes mellitus (DM) Typ 1 bzw. Typ 2 hinweisen, andererseits kann eine "Stress-Hyperglykämie" bei akuter schwerer Erkrankung vorliegen.

Differenzialdiagnostische Überlegungen bei bisher nicht bekannter diabetischer Stoffwechsellage:

  • Neumanifestation eines DM Typ 1/LADA

  • Neumanifestation eines DM Typ 2

  • Glukokortikoid-Einnahme, klinische Zeichen des Hyperkortisolismus

  • Klinische Zeichen der Akromegalie

  • Klinische Zeichen der Hyperthyreose

  • Mögliche Immuncheckpoint-Inhibitor-Therapie

  • Erkrankungen des Pankreas (Pankreaskarzinom, Pankreatitis etc.)

Differenzialdiagnostische Überlegungen bei bekannter diabetischer Stoffwechsellage:

  • Falsche bzw. Nicht-Einnahme der Antidiabetika

  • Zu niedrige Insulindosis bzw. weggelassen/vergessen

  • Fehler im Umgang mit dem Insulinpen (seltener/kein Pen-Nadelwechsel, kein konsequenter Wechsel der Insulinspritzstellen → Lipodystrophie)

  • Fehlerhafte/falsche Insulinlagerung

  • Stress

  • Fieberhafte Infekte

  • Zu wenig Bewegung und/oder Gewichtszunahme

  • Verstopfter Insulinkatheter, defekte Insulinpumpe

  • Fehlerbehaftete BZ-Messung/defektes Messgerät

  • Zu viel und/oder falsches Essen (Weißmehlprodukte, zuckerhaltige Getränke, Süßigkeiten)

Therapie bei Neudiagnose eines DM Typ 2

Die Behandlung sollte entsprechend der Nationalen Versorgungsleitlinie "Typ-2-Diabetes" erfolgen (2. Auflage, Version 1 von 2021 [1]). Unter Berücksichtigung individueller Therapieziele, der Abschätzung des kardiovaskulären Risikoprofiles und der nicht-medikamentösen Basistherapie erfolgt dann die Therapieintensivierung. Metformin stellt weiter die Erstlinientherapie dar und kann bereits initial oder im weiteren Verlauf mit einem SGLT-2-Inhibitor oder GLP-1-Analogon kombiniert werden.