Auf Euphorie folgte Ernüchterung und eine mehrjährige Studienpause: Jetzt wurde der Stellenwert der renalen Denervierung noch einmal mit umfassenderen und solideren Untersuchungsprotokollen in den Blick genommen. Ist das Vertrauen in die Methode zur Blutdrucksenkung zurück?

Bei der renalen Denervierung werden mit einem spiralförmigen Katheter die überaktiven Nerven rund um die Nierenarterien mit Hilfe von Radiofrequenz-Energie gezielt deaktiviert. Die ersten Studien dazu (SYMPLICITY-HTN-1 und -HTN-2) warteten in den Jahren 2009 und 2010 mit nahezu sensationellen Ergebnissen auf: Bei therapierefraktären Hochrisikopatienten wurde mit dem interventionellen Lösungsansatz eine enorme Blutdrucksenkung von durchschnittlich 22 mmHg bzw. 33 mmHg nach 6 Monaten erreicht. Es herrschte Aufbruchstimmung: Hypertonie schien mit einem einfachen Eingriff heilbar! Doch die Ergebnisse der folgenden SYMPLICITY HTN-3-Studie, bei der 2014 erstmals die renale Denervierung mit einem Scheineingriff verglichen wurde, waren ernüchternd: Im Vergleich zur Scheinbehandlung brachte die Methode keinen signifikanten Vorteil.

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© Ardian Inc, medtronic

Schematische Darstellung der Denervierung von renalen Sympathikus-Nervenfasern durch Verödung per Hochfrequenzstrom.

Studien der 2. Generation in neuem Design

Die kritische Prüfung dieser Studie führte zu einem Umdenken und Redesign bei Untersuchungen der 2. Generation. Es wurden vor allem Patienten mit kombinierter und nicht mit isolierter systolischer Hypertonie eingeschlossen. Statt der Praxismessung wurde die 24-h-Langzeitmessung zur Therapiekontrolle eingeführt. Auch wurde das Prozedere optimiert und zwar durch eine verbesserte Kathetertechnik, mit der auch die distal liegenden peripheren Gefäße erfasst werden können. Ein Problem der ersten Studien war auch die fehlende medikamentöse Therapietreue.

Dies alles mündete 2017 und 2018 in zwei randomisierte, scheinkontrollierte Studien:

  • In die SPYRAL-HTN-OFF-MED-Studie wurden 80 Patienten mit einem niedrigen Risiko ohne Begleitmedikation eingeschlossen. Nach drei Monaten zeigte sich ein signifikanter Vorteil für die echte Intervention. Der Blutdruck bei der 24-h-Messung sank um 5,5 mmHg, während im Scheinarm keine Veränderung nachgewiesen werden konnte.

  • In der SPYRAL-HTN-ON-MED-Studie wurde das Verfahren bei 80 Niedrigrisiko-Patienten untersucht, die ein bis drei Begleitmedikamente einnahmen. Nach drei Monaten ergab sich bei der renalen Denervierung eine signifikante Blutdrucksenkung von 9 mmHg.

Zwischenzeitlich liegen die Ergebnisse von ca. 1.000 Patienten mit einem allerdings noch zeitlich begrenztem Follow-up von zwei und sechs Monaten vor: Hier zeigt sich durchweg eine moderate, wenngleich si-gnifikante Blutdrucksenkung, von der rund zwei Drittel der Patienten profitieren. Dabei erwies sich das Verfahren als sicher und nebenwirkungsarm. Die renale Denervierung gilt inzwischen wieder als vielversprechende ergänzende Methode bei einer therapierefraktären Hypertonie.

Welche Patienten kommen in Frage?

Dazu der Nephrologe Prof. Markus van der Giet, Charité Berlin: "Das Verfahren kann prinzipell für Patienten infrage kommen, die medikamentös nicht ausreichend zu behandeln sind oder die eine sub-stanzielle Arzneiunverträglichkeit haben. Auch Patienten mit fehlender Compliance könnten relevant sein, da man für die renale Denervation formal nicht compliant sein muss." In der Regel bräuchten die Patienten immer noch Antihypertensiva nach dem Eingriff. Wichtig sei immer die Abklärung einer sekundären Hypertonie und auch eine systematische Anpassung der Medikation in der derzeit empfohlenen Reihenfolge sowie eine Überprüfung der regelmäßigen Einnahme der Tabletten. "Man kann eine Blutdrucksenkung von ca. 6 mmHg im Durchschnitt erwarten", so Giet, "muss aber davon ausgehen, dass dies bei rund 10% bis 20% der Patienten scheitert. Einige Patienten haben auch sehr deutliche Blutdrucksenkungen über 10 mmHg." ,

Quellen: Krum H et al. Lancet 2009;373(9671):1275-81 Esler MD et al. Lancet 2010;376(9756):1903-9 Bhatt DL et al. N Engl J Med 2014;370:1393-401 Townsend RR et al. Lancet 2017;390(10108):2160-70 Kandzari DE et al. Lancet 2018;391(10137):2346-55 Böhm M et al. Lancet 2020;395(10234):1444-51 Azizi M et al. Lancet 2021;397(10293):2476-86