Das Risiko neurodegenerativer Erkrankungen ist bei Profifußballern deutlich erhöht. Besonders Verteidiger sind betroffen. Zumindest ein Kopfballverbot erscheint immer sinnvoller.

In einer Kohortenstudie wurden bevölkerungsbezogene Gesundheitsdaten in Schottland ausgewertet. 7.676 männliche ehemalige Profifußballer der Jahrgänge 1900-1977 wurden mit 23.028 nach Alter, Geschlecht und sozioökonomischem Status gematchten Kontrollpersonen verglichen. Registerdaten zu Morbidität und Todesfällen waren für den Zeitraum 1981-2016 verfügbar.

figure 1

© David Inderlied / Guido Kirchner / Kirchner / picture alliance

Niklas Süle (l.): Kopfball-Ungeheuer im eigenen Strafraum.

Eine neurodegenerative Erkrankung wurde bei 386 ehemaligen Fußballprofis (5,0%) und bei 366 Kontrollpersonen (1,6%) diagnostiziert (Hazard Ratio 3,66; 95%-Konfidenzintervall 2,88-4,65). Die Hazard Ratio für eine Demenz betrug 3,59 (2,93-4,39), für eine Motoneuronerkrankung 3,52 (1,81-6,88) und für einen Morbus Parkinson 2,09 (1,20-3,61). Am höchsten war das Risiko für eine neurodegenerative Erkrankung für Spieler auf der Verteidigerposition (4,98; 3,18-7,79), am niedrigsten für Torhüter (1,83; 0,93-3,60). Mit Blick auf die Dauer der aktiven Zeit war das Risiko bei einer Profikarriere von mehr als 15 Jahren am höchsten (5,20; 3,17-8,51).

Quelle: Russell ER, Mackay DF, Stewart K et al. Association of field position and career length with risk of neurodegenerative disease in male former professional soccer players. JAMA Neurology. 2021;78:1057-63

MMW-Kommentar

Diese wichtige Studie aus Schottland belegt eindeutig, dass Fußballprofis ein erhöhtes Risiko haben, später an einer neurodegenerativen Erkrankung zu leiden und daran zu versterben. Die zugrunde liegende Hypothese ist, dass wiederholte Schädel-Hirn-Traumata das erhöhte Risiko bedingen. Dafür spricht, dass das Risiko für Feldspieler deutlich höher war als für Torhüter.

Andere Studien haben in den letzten Jahren ein erhöhtes Risiko für neurodegenerative Erkrankungen bei Boxern, Eishockey- und American-Football-Profis gezeigt [Zuckerman SL et al. J Alzheimers Dis. 2018;66:37-55]. In den USA wurde bereits die Konsequenz gezogen, dass Jugendliche unter 16 Jahren beim Fußball keine Kopfbälle mehr spielen dürfen. Diese Regelung wäre für Deutschland sicher auch sinnvoll.

figure 2

Prof. Dr. med. H.-C. Diener

Klinische Neurowissenschaften, Universität Duisburg-Essen