"Guck dir das mal an!", rief meine Kollegin aufgeregt. Ich eilte zu ihr ins Labor, wo sie mir prompt einen Urinbecher vor die Nase hielt mit dem Kommentar: "Das ist Wasser - oder?" Tatsächlich war die ominöse Flüssigkeit ziemlich transparent. Was war da los?

Wir setzten unsere Detektivhüte auf. Kein Befund auf dem Teststreifen, und auch im Sediment nichts zu entdecken. Mutig riss sich meine Kollegin die FFP2-Maske vom Gesicht und hielt ihre Nase über die Probe. "Riecht nach Becher", befand sie. Das bestätigte auch eine weitere hinzugezogene Kollegin.

Reines Wasser, allem Anschein nach. Aber wieso sollte uns ein Patient so täuschen wollen? In unseren Köpfen bildeten sich Theorien. "Drogen!", äußerte meine Kollegin. "Vielleicht hatte er Angst, dass wir einen Drogentest machen!" Ja, vielleicht. Als die Probe dann aber einen auffälligen Albumin-Kreatinin-Quotienten aufwies, waren wir doch verwirrt. Wurden wir vielleicht doch von unseren Sinnen getäuscht?

Nicht ganz. Ein Telefonat mit dem Patienten ergab Folgendes: Er hat in die Toilette gepinkelt, den Urinbecher dort hineingetaucht und auf diesem Wege seine Probe abgefüllt. Wir stellten keine weiteren Fragen. Case closed.