Die Wirkung von 1,8-Cineol bei Sinusitis und Bronchitis beruht auf mukolytischen und antientzündlichen Effekten. Letztere machen den Wirkstoff auch für die COVID-19-Forschung interessant.

Phytopharmaka mit 1,8-Cineol (z. B. enthalten in Soledum®), dem Hauptbestandteil von Eukalyptusöl, werden zur symptomatischen Behandlung v. a. von Erkältungskrankheiten der Atemwege eingesetzt. Prof. Barbara Wollenberg, die schon lange die Wirkung von Cineol erforscht, postuliert, dass der Wirkstoff auch bei SARS-CoV-2-Infektionen positive Effekte haben könnte. Im Gespräch mit der MMW erklärte die Leiterin der HNO-Klinik am Klinikum rechts der Isar der TU München, worauf sich ihre Hypothese stützt: "Cineol ist weit mehr als ein Mukolytikum. Es reguliert und reduziert auch entzündungstreibende Mediatoren, und zwar unabhängig vom Auslöser."

Wollenberg zufolge sind mindestens fünf antientzündliche Wirkmechanismen von Cineol bekannt:

  1. 1.

    Der Arachidonsäurestoffwechsel (z. B. Produktion von Prostaglandin E2 und Leukotrien B4) wird gehemmt.

  2. 2.

    Die Produktion von Zytokinen (z. B. Interleukin(IL)-1β sowie Tumornekrosefaktor-α in Lymphozyten und IL-6/IL-8 in Monozyten) wird reduziert.

  3. 3.

    Über die Regulation von Nuclear factor kappa B (NF-κB) wird die Produktion von Typ-1-Interferonen gesenkt.

  4. 4.

    Die Bildung von reaktiven O2-Spezies wird reduziert.

  5. 5.

    Nasal sinkt der Gehalt der endothelialen Stickstoffmonoxid-Synthase.

Bei grippalen Infekten sei es deswegen wichtig, so Wollenberg, "Cineol-haltige Arzneimittel sofort und hoch dosiert einzunehmen". Dann könne man davon ausgehen, dass "entzündungsbedingte Sekundäreffekte relativ schnell abklingen bzw. gar nicht so stark werden."

figure 1

© ronnachaipark / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell)

Nebeneffekte von Covid lindern

Die Hoffnung der Münchner Ärztin ist, die begleitende Entzündungskaskade bei COVID-19 zu dämpfen und dadurch v. a. grippale Nebeneffekte wie Kopfweh und Husten zu mildern. Vorstellbar sei zudem ein Benefit im Hinblick auf die Gewebe, die in der zweiten Phase der Covid-Erkrankung nicht durch das Virus selbst, sondern durch sekundäre entzündliche Mechanismen geschädigt werden. Die HNO-Ärztin betonte aber, dass es sich hierbei bisher nur um indirekte Schlüsse handelt. In Zellkultur sei es gelungen, den NFκB-Signalweg, der durch SARS-CoV-2 angeworfen wird, durch Cineol zu dämpfen. Derzeit laufen in München weitere Untersuchungen in Zellkultur. Sollten diese positiv ausfallen, könnten sie die Grundlage für eine klinische Studie bilden.

Quelle: Interview mit Prof. Barbara Wollenberg, HNO-Klinik, TU München