Angst um die Eltern, Großeltern, Freundinnen und Freunde, eingeschränkte Kindergarten- oder Schulbesuche, häufiges Alleinsein daheim und insgesamt deutlich weniger soziale Kontakte - die Pandemie hat Kinder und Jugendliche schwer getroffen. Was sind die Auswirkungen? Wie können Ärzte helfen?

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© sebra, Stock Adobe (Symbolbild mit Fotomodellen)

Eine Ärztin oder ein Arzt sollten psychisch belasteten Kindern signalisieren, dass es völlig in Ordnung ist, über Seelenangelegenheiten zu sprechen.

Unter Kindern und Jugendlichen nahmen im Zuge der Pandmie-Beschränkungen Vereinsamung, Zukunftsängste und Leistungsdruck zu. Experten berichten über zunehmende depressive Symptome, einschließlich Suizidalität, Schlafstörungen, Essstörungen, Ängste und Zwangserkrankungen. Trotz der Wiederaufnahme des Schulbetriebs hätten sich die Zahlen nicht wirklich entspannt. Nach Angaben der Caritas nahm während des zweiten Lockdowns das Kontaktaufkommen bei deren Suizidpräventionsberatung für unter 25-Jährige um 30% zu.

Wissenschaftler des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) untersuchten in bisher drei Befragungen der COPSY-Studie (COrona und PSYche) 2020 und 2021 die Folgen der Pandemie für die psychische Gesundheit von He-ranwachsenden: Fast jedes dritte Kind leidet unter psychischen Auffälligkeiten, vor der Pandemie war es nur jedes fünfte. Vier von fünf Minderjährigen fühlen sich durch die Pandemie belastet. Ängste und Sorgen nahmen deutlich zu: Vor der Pandemie waren 15% betroffen, bei der ersten Befragungswelle (Mai/Juni 2020) waren es 24%, bei der zweiten (Dezember 2020/Januar 2021) sogar 30%. Bei der dritten Befragung (Herbst 2021) waren nun mit 27% geringfügige Verbesserungen zu verzeichnen.

Jungen und jüngere Kinder leiden oft an Hyperaktivität

Einen ähnlichen Verlauf nahmen die Werte für depressive Verstimmungen und psychosomatische Beschwerden wie Einschlafprobleme, Bauch- oder Kopfschmerzen. Zuletzt wurde ein leichter Anstieg beim psychischen Wohlbefinden und der Lebensqualität der Jungen und Mädchen ermittelt. Weniger Kontaktbeschränkungen und Schulschließungen zeigten ihre Wirkung.

Bei Jungen und jüngeren Kindern wurden häufiger externalisierende Störungsbilder wie Hyperaktivität beobachtet, während internalisierende Störungen wie Angst häufiger bei Mädchen und älteren Kindern vorkamen. Berufliche Probleme der Eltern, zum Beispiel ein Jobverlust aufgrund der Pandemie, und Konflikte in der Familie hatten Auswirkungen auf die Psyche der Kinder. Zwei Drittel der Minderjährigen fühlten sich durch die Pandemie belastet.

Als vulnerable Gruppen werden Kinder mit Migrationshintergrund, sozial benachteiligte Kinder, Kinder von psychisch kranken Eltern, Heranwachsende mit schweren chronischen Erkrankungen oder Behinderungen, Opfer häuslicher Gewalt sowie Long-Covid-Betroffene identifiziert. In der COPSY-Studie gaben außerdem Kinder von Alleinerziehenden eine niedrigere Lebensqualität an.

In einer Metaanalyse kam eine Gruppe von kanadischen Psychologinnen und Psychologen zu dem Schluss, dass sich depressive Symptome während der Pandemie auf 25,4% und Angststörungen auf 20,5% im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten verdoppelt hätten [9].

Weitere negative Auswirkungen der Pandemie wie Bewegungsmangel, gehäufter Konsum von Süßigkeiten, viel zu viel Zeit vor dem Bildschirm, Kurzsichtigkeit, wenige Möglichkeiten für Freizeitaktivitäten und fehlende Interaktion mit Gleichaltrigen lasten ebenfalls auf den Minderjährigen. Die gesamten Langzeitfolgen von COVID-19 für Kinder und Jugendliche werden sich erst noch zeigen.