Die Einschränkungen während der Corona-Pandemie haben neben COVID-19 auch anderen Infektionskrankheiten die Verbreitung erschwert. Für FSME scheint das nicht zu gelten.

Wie sich die Inzidenz der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) im Laufe der COVID-19-Pandemie in verschiedenen europäischen Ländern, darunter Deutschland, entwickelt hat, haben jetzt polnische Forscher untersucht. Sie verwendeten dafür Daten des European Center for Disease Prevention and Control und von Euro-stat. Verglichen wurden die Inzidenzen der Jahre 2015 bis 2019 mit jenen von 2020, dem Jahr, in dem SARS-CoV-2 Europa heimsuchte.

Zu ihren Erkenntnissen berichten die Studienautoren: "Trotz der COVID-19-Pandemie und der auferlegten Restriktionen ist die Inzidenz von FSME in mehr als der Hälfte der analysierten Länder gestiegen." Deutschland gehört dazu. Lag die FSME-Inzidenz hierzulande in den Jahren 2015 bis 2019 bei 0,5 je 100.000 Einwohner, erreichte sie 2020 einen Wert von 0,85/100.000; das bedeutet einen Zuwachs um 70%. Das Ergebnis ist statistisch signifikant. Besonders betroffen war das Bundesland Bayern.

Weitaus höhere FSME-Inzidenzen werden allerdings aus den baltischen Staaten berichtet. In Litauen etwa beträgt sie 24,3/100.000. Noch vor gut 20 Jahren waren dort die weltweit höchsten Inzidenzen zu verzeichnen, 53,0/100.000 in Lettland und 40,3/100.000 in Litauen. Das sind zugleich auch die Länder mit den höchsten Impfquoten, in Lettland (heutige Inzidenz: 7,8/100.000) beispielsweise sind 53% der Einwohner gegen FSME geimpft. Zum Vergleich: In Deutschland liegt die Impfquote bei 3%.

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©Andreas Häuslbetz, Stock Adobe

In Risikogebieten können bis zu 5% der Zecken mit dem FSME-Virus infiziert sein.

Der höchste Anstieg überhaupt war in Frankreich zu verzeichnen, wo die FSME-Inzidenz um 250% zunahm - allerdings auf nach wie vor niedrigem Niveau (2020: 0,07/100.000). Daneben gab es zwei Länder mit signifikanten Reduktionen der Inzidenz, nämlich Polen und Estland mit Rückgängen von 42% bzw. 17%. Die FSME-Inzidenzen lagen dort 2020 bei 0,3/100.000 und 5,3/100.000.

"Zentraleuropa und das Baltikum sind Gebiete mit hohem Risiko für eine Infektion mit dem Zeckenenzephalitis-Virus", schreiben die Forscher. Im Pandemiejahr 2020 seien die höchsten Inzidenz- anstiege in Ländern mit verschiedenen Klimazonen festzustellen gewesen, da-runter Frankreich, Bulgarien, Norwegen, Österreich und Italien.

Quelle: Zając Z et al. J Clin Med 2022;11:803; doi:10.3390/jcm11030803