Eine 82-jährige Patientin stellte sich bei ihrem Zahnarzt vor, weil ihre Oberkieferprothese einfach nicht mehr richtig saß. Der Arzt bemerkte eine Vorwölbung am Gaumen links, weshalb er die Dame in unsere HNO-Klinik überwies. Das war richtig und wichtig, wie eine Biopsie zeigte.

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© P. R. Issing

Submuköser Tumor links paramedian der Raphe palati mit endoskopisch deutlich erkennbarer Gefäßzeichnung.

Bei der ansonsten rüstigen Patientin bestand am Übergang vom weichen zum harten Gaumen eine ca. 1,5 cm große Erhabenheit, die von glatter Schleimhaut mit vermehrter Gefäßzeichnung überzogen war. Die übrigen Spiegelbefunde waren unauffällig. Auch pathologische Lymphknoten ließen sich sonografisch nicht erkennen.

Wir entnahmen in Lokalanästhesie eine Inzisionsbiopsie, die histologisch ein adenoidzystisches Karzinom (ACC) vom cribriformen Subtyp ergab. Bei sonst unauffälligem Staging wurde im interdisziplinären Tumorboard die Resektion empfohlen, die in Intubationsnarkose erfolgte und eine R0-Situation ergab. Die bisherigen Nachsorgeuntersuchungen ergaben bislang keinen Hinweis auf ein Rezidiv.

Das ACC ist ein von den Speicheldrüsen ausgehender, langsam und submukös wachsender Tumor. Es gehört zu den seltenen Krebsarten. Zumeist tritt er wie im Fall unserer Patientin in den kleinen Speicheldrüsen auf, nur sehr selten in der großen Glandula parotis. Das ACC wird nach seiner Architektur in einen tubulären, einen cribriformen und einen soliden Subtyp eingeteilt. Beim cribiformen Typ entstehen inselartig angeordnete neoplastische Epithelzellen, was die Bildung von Pseudozysten befördert.

Das ACC breitet sich in der Regel perineural aus und kann deshalb oft nicht komplett reseziert werden. Aus diesem Grund rezidiviert es sehr häufig und führt auch oft zu Fernmetastasen z. B. in die Lunge. Neben einer möglichst weiträumigen Entfernung ist postoperativ eine Strahlentherapie zu erwägen, die wir unserer betagten Patientin jedoch zunächst ersparen wollten. Chemotherapeutika spielen in der Therapie keine Rolle, weil das ACC - wohl aufgrund seines langsamen Wachstums - eher schlecht auf sie anspricht.

Fazit für die Praxis: Bei unklaren Veränderungen der Schleimhaut ist eine histologische Sicherung anzustreben.

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Prof. Dr. med. Peter R. Issing

Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf-, Hals- und plastische Gesichtschirurgie, Klinikum Bad Hersfeld, Seiler- weg 29, D-36251 Bad Hersfeld