Ein älterer, dementer Patient verstirbt im Pflegeheim. Erst vor drei Tagen hatten Sie als betreuender Hausarzt bei Verdacht auf Pneumonie eine Antibiotikatherapie eingeleitet. Eine eigentlich indizierte Einweisung in das örtliche Kreiskrankenhaus war im Einklang mit einer wirksamen Patientenverfügung nicht erfolgt.

Medizinische Vorgeschichte nur z. T. bekannt

Da Sie die ärztliche Betreuung erst kürzlich hilfsweise für einen erkrankten Kollegen übernommen haben, kennen Sie die medizinische Vorgeschichte nur auszugsweise. Bei einem Telefongespräch mit dem Ehemann der vorsorgebevollmächtigten Nichte ergibt sich, dass es wohl vor etwa 1 ½ Jahren zu einem Sturzgeschehen gekommen war. Nach einer Reha-Maßnahme wegen eines Oberschenkelhalsbruchs habe der nun Verstorbene eine "Krücke" benutzen müssen. Infolgedessen sei es vor ca. 2 Monaten zuhause zu einem erneuten Sturz gekommen. Im Kreiskrankenhaus erfolgte dann zunächst eine Überwachung wegen einer Hirnblutung. Wegen nachfolgender Immobilität und Bettlägerigkeit wurde der Patient daraufhin in das Pflegeheim verlegt.

Wichtig: Keine juristische Bewertung eines Todesfalles durch Ärzte. Äußerungen zu Schuldfragen oder auf Fragen wie "War es Mord?" vermeiden. Aufgabe des Leichenschauers ist allein die Feststellung des Todes (sichere Todeszeichen) und die Diagnose der Todesursache und der Todesart.

Während des Telefonats legt Ihnen der Ehemann der Nichte, ein Ihnen bekannter Jurist, nahe, dass doch aufgrund der zahlreichen anderen Vorerkrankungen des Patienten (u. a. Adipositas permagna, Hypertonie und Z. n. Myokardinfarkt vor drei Jahren) ein "natürlicher Tod" vorliegen müsse, wohl ein "erneuter Herzinfarkt". Man wolle so schnell wie möglich eine Bestattung durchführen, da eine längere Urlaubsreise anstehe.

Sie können das Vorbringen der Angehörigen nachvollziehen und auch ein erneuter Myokardinfarkt erscheint Ihnen differenzialdiagnostisch für möglich. Dennoch erkennen Sie richtigerweise, dass es eine Kausalkette zwischen zumindest dem erneuten Sturz, der Hirnblutung, der Immobilität und der zuletzt behandelten (hypostatischen) Pneumonie geben könnte.

Merke: Ein Sturz stellt ein äußeres Ereignis dar und damit einen Anhaltspunkt für einen nichtnatürlichen Tod. Sie informieren folgerichtig die Polizei über das Ableben des Patienten.