Ein 18-jähriger Westafrikaner hatte in der linken dorsalen Ohrläppchenregion eine Gewebevermehrung bemerkt, die mit der Zeit immer größer geworden war. Als sie etwa auf die Größe einer Kirsche angewachsen war, kam er zur Abklärung in die Hautklinik.

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© M. Möhrenschlager

Makroskopisch imponierte am Lobulus auriculae sinistra dorsal ein praller, eiförmiger, hautfarbener Nodus ohne epidermale Beteiligung. Der Patient berichtete, dass er sich das Ohrläppchen vier Jahre zuvor zur Anbringung eines Ohrschmucks hatte durchstechen lassen.

Klinisch entsprach die Veränderung einem Keloid, einer speziellen Form der Narbenwucherung. Dieser gutartige Bindegewebstumor wächst fortschreitend über die Grenzen der initialen Cicatrix hinaus und unterscheidet sich hierdurch von der hypertrophen Narbe, welche auf die ursprüngliche Läsionsfläche begrenzt imponiert.

Als Prädilektionsalter für die Ausbildung von Keloiden gilt der Zeitraum zwischen dem Beginn der Pubertät und dem jungen Erwachsenenalter. Vorausgehend werden operative Maßnahmen, akzidentelle Traumata wie Verbrennungen oder perforierende Hautverletzungen, aber auch Entzündungen z. B. bei Acne vulgaris gesehen. Personen mit afrikanischer und lateinamerikanischer Herkunft scheinen in besonderer Weise betroffen zu sein, ebenso wie Personen, welche besondere hormonelle Situationen (z. B. Pubertät, Schwangerschaft) durchleben. Eine familiäre Häufung wird beobachtet. Pathogenetisch wird u. a. der Einfluss von Wachstumsfaktoren, zellulärer Faktoren oder eine Störung der Apoptoseregulation diskutiert.

Im Rahmen der Behandlung kommen Kryotherapie, Radiatio und Lasertherapie zum Einsatz, auch eine Okklusionstherapie etwa per Silikonauflage oder Kompressionsgewebe kann erwogen werden. Eine medikamentöse Option ist die intraläsionale Kortikoidgabe. Möglich ist auch die Injektion von 5-Fluorouracil, entweder als Monotherapie oder in Kombination, der vielfach zunächst eine chirurgische Abtragung vorausgeht.

Keloide und hypertrophe Narben kommen in der Praxis häufig vor, aber ein so mächtiges Keloid wie im vorliegenden Fall ist selten.

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PD Dr. med. Matthias Möhrenschlager

Hochgebirgsklinik Davos, Herman-Burchard-Str. 1, CH-7265 Davos-Wolfgang