Die Hiobsbotschaft, dass Vektorimpfstoffe gegen COVID-19 in sehr seltenen Fällen eine vakzininduzierte thrombotische Thrombozytopenie (VITT) auslösen können, gefährdete Anfang 2020 die gesamte Impfkampagne. Inzwischen weiß man besser, welche Therapieoptionen hier wirken.

Häufigste Folge der VITT, bei der es zur Bildung von Antikörpern gegen Thrombozyten kommt, sind Sinusvenenthrombosen, aber auch andere Thrombosen wurden beobachtet. Zur initialen Therapie werden Gerinnungshemmer empfohlen, Heparin ist kontraindiziert. Zu intravenösen Immunglobulinen (IVIg) und zur Plasmapherese gibt es bisher nur anekdotische Ergebnisse.

Bourguignon et al. beschreiben den Verlauf der ersten drei Patienten mit VITT nach Gabe des AstraZeneca-Impfstoffs in Kanada. Die Patienten waren zwischen 63 und 72 Jahre alt. Zwei hatten Thrombosen in den Extremitätenarterien, der dritte zerebrale venöse und arterielle Thrombosen. Beobachtet wurden variable Muster der seruminduzierten Thrombozytenaktivierung als Reaktion auf Heparin und Thrombozytenfaktor 4. Nach Gabe hoch dosierter IVIg zeigte sich bei allen eine reduzierte antikörperinduzierte Thrombozytenaktivierung im Serum.

Patriquin et al. berichten über drei andere Patienten mit VITT nach Gabe des AstraZeneca-Impfstoffs. Alle Patienten hatten eine persistierende Thrombozytopenie und progrediente Thrombosen trotz initialer Antikoagulation. Es lagen sowohl arterielle als auch venöse Thrombosen vor. Alle Patienten erhielten unter Argatrobanschutz 5-7 Plasmapheresen, nachdem eine Behandlung mit IVIg zuvor erfolglos geblieben war. Bei allen Patienten kam es zu einer klinischen Verbesserung, einem Anstieg der Thrombozytenzahlen und einer signifikanten Reduktion der D-Dimere. Mit der Plasmapherese steht daher eine Option zur Verfügung, wenn IVIg zur Behandlung der VITT nicht wirksam sind.

Quellen: Bourguignon A, Arnold DM, Warkentin TE et al. Adjunct Immune globulin for vaccine-induced thrombotic thrombocytopenia. N Engl J Med. 2021;385:720-8 Patriquin CJ, Laroche V, Selby R et al. Therapeutic plasma exchange in vaccine-induced immune thrombotic thrombocytopenia. N Engl J Med. 2021;385:857-9

MMW-Kommentar

Die immunvermittelte VITT wurde bisher fast ausschließlich nach Impfungen mit Vektorimpfstoffen gegen COVID-19 beobachtet. Das Risiko ist außerordentlich gering und die Gefahr einer COVID-19-Infektion ungleich höher. Zudem kann auch die COVID-19-Infektion selbst zu arteriellen und venösen Thrombosen führen. Die beiden Berichte aus Kanada zeigen, dass die Behandlung sowohl mit IVIg als auch mit Plasmapherese erfolgreich durchgeführt werden kann.

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Prof. Dr. med. H.-C. Diener

Klinische Neurowissenschaften, Universität Duisburg-Essen