In einer Studie hilft niedrigdosiertes, retardiertes Morphin bei mittel- bis schwergradiger COPD-bedingter Atemnot. Es könnte eine Option nach Ausreizung der Leitlinientherapie sein.

Für eine randomisierte, doppelblinde Studie wurden 124 COPD-Patienten mit mittel- bis schwergradiger chronischer Atemnot trotz optimaler Behandlung eingeschlossen. Sie alle hatten gerade eine Rehabilitationsmaßnahme abgeschlossen und erhielten nun vier Wochen lang oral niedrigdosiertes, retardiertes Morphin oder Placebo. Primäre Endpunkte waren die krankheitsbedingte Beeinträchtigung, gemessen mit dem bis 40 Punkte reichenden Score im COPD Assessment Test (CAT), sowie der arterielle Kohlendioxid-Partialdruck (PaCO2).

Analysiert wurden 111 Probanden im mittleren Alter von 65,4 Jahren. 60 von ihnen waren männlich. Die CAT-Scores in der Morphingruppe lagen um 2,2 Punkte niedriger (p = 0,03), der PaCO2 um 1,2 mmHg höher (p = 0,55). Die Atemnot blieb insgesamt unverändert, in der Subgruppe der Patienten mit schwerer Dyspnoe (mMRC-Grad 3-4) gab es unter Morphin eine Reduktion der Dyspnoespitzen um 1,3 Punkte (p = 0,03). In der Morphingruppe brachen 9% der Patienten die Studie aufgrund von Nebenwirkungen ab, in der Placebogruppe 2%. Es gab keine morphinassoziierten Krankenhaus-Einweisungen oder Sterbefälle.

Quelle: Verberkt CA, van den Beuken-van Everdingen MHJ, Schols JMGA et al. Effect of sustained-release morphine for refractory breathlessness in chronic obstructive pulmonary disease on health status: a randomized clinical trial. JAMA Intern Med. 2020;180:1306-14

MMW-Kommentar

Die aktuelle COPD-Leitlinie verweist bezüglich der Morphintherapie bei schwerer Dyspnoe aufgrund einer fortgeschrittenen Erkrankung auf schwere Nebenwirkungen wie Atemdepression und empfiehlt einen Einsatz nur bei wenigen Patienten unter stationären Bedingungen. In dieser Studie traten jedoch über vier Wochen unter engmaschiger ambulanter Anbindung keine gravierenden Nebenwirkungen auf. Nach dem Ausreizen der leitliniengerechten Therapie erscheint ein Versuch mit retardiertem Morphin als vielversprechende Option

figure 1

Dr. med. T. Scholz

Klinik für Pneumologie und Beatmungsmedizin, St. Josefskrankenhaus Freiburg

figure 2

Prof. Dr. med. S. Sorichter

Klinik für Pneumologie und Beatmungsmedizin, St. Josefskrankenhaus Freiburg