Seit den 1990er-Jahren zeigen Studien eine Korrelation der Konzentration von Lithium im Trinkwasser mit den regionalen Suizidraten. Nun liegt die erste Metaanalyse vor.

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Identifiziert wurden 15 Studien zur regionalen Lithiumkonzentration im Trinkwasser und den jeweiligen Suizidraten. Die einzelnen Studien deckten Bevölkerungen zwischen ca. 1 und 22 Millionen Einwohner ab, die Suizidmortalität rangierte zwischen 7,5 und 27 pro 100.000 Einwohner und Jahr. Acht Studien lieferten Daten, die für die Metaanalyse geeignet waren. Sieben davon fanden zwischen höherem Lithiumgehalt und niedrigerer Suizidmortalität einen Zusammenhang, fünf davon einen statistisch signifikanten.

Insgesamt bestätigte die Metaanalyse eine statistisch signifikante negative Assoziation von Lithiumgehalt und Suizidsterblichkeit mit einem standardisierten Regressionskoeffizienten von β = -0,27 (95%-Konfidenzintervall -0,47 bis -0,08; p = 0,006). Der Effekt zeigte sich für beide Geschlechter, statistisch signifikant war er allerdings nur für Frauen. Auch die sieben nicht eingeschlossenen Studien zeigten den Zusammenhang.

Quelle: Memon A, Rogers I, Fitzsimmons SMDD et al. Association between naturally occurring lithium in drinking water and suicide rates: systematic review and meta-analysis of ecological studies. Br J Psychiatry. 2020;217:667-78

MMW-Kommentar

Die hoch spannenden, konsistenten Befunde zu Lithium im Trinkwasser werfen die Frage nach dem Wirkmechanismus auf. Ein therapeutischer Lithiumspiegel sollte ca. 0,6-1,0 mmol/l betragen. Der natürliche Spiegel liegt nur bei 0,001-0,004 mmol/l. Der mittlere Lithium-Trinkwassergehalt lag in den analysierten Studien bei 3,8-46,3 μg/l. Selbst das lithiumreichste Wasser enthält nur 0,007 mmol pro Liter - man müsste also 1.800 Liter trinken, um den Gehalt einer üblichen Lithium-Retardtablette (12 mmol) zu sich zu nehmen. Das bedeutet, dass nicht die gleichen Mechanismen greifen können wie bei der Lithiumtherapie. Ein besseres Verständnis der kausalen Faktoren ließe sich durch Interventionsstudien erzielen, etwa durch Anreicherung des Trinkwassers mit Lithium - aber nur maximal bis zur höchsten natürlich vorkommenden Konzentration. Wissenschaftlich und ethisch ließe sich dies rechtfertigen.

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Prof. Dr. med. T. Bschorr

Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, TU Dresden