Patienten mit demenzbezogener Psychose haben eine besonders ungünstige Prognose: Das Risiko, innerhalb von zwei Jahren zu sterben oder eine Langzeitpflege zu benötigen, ist rund doppelt so hoch wie bei Demenzkranken ohne Psychose.

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Demente Frauen mit Psychosen werden öfter in Pflege- einrichtungen eingewiesen als Männer.

Ein erheblicher Teil der Demenzkranken entwickelt mit der Zeit ausgeprägte Wahnvorstellungen und Halluzinationen. Für Angehörige und Betreuer können solche Psychosen sehr belastend sein und die Aufnahme in ein Pflegeheim begünstigen. Zudem sterben die Betroffenen auch früher als Demenzkranke ohne psychische Auffälligkeiten.

Wie groß der Einfluss demenzbezogener Psychosen auf die Sterberate und die Langzeitpflege ist, haben Forscher um Dr. James Wetmore vom Hennepin Healthcare Research Institute in Minneapolis, USA, anhand einer retrospektiven Analyse untersucht. Sie kommen zu dem Schluss, dass bei Demenzkranken sowohl das Sterberisiko als auch das Risiko, eine Langzeitpflege zu benötigen, verdoppelt ist, wenn sie eine Psychose entwickeln.

Langzeitpflege häufiger benötigt

Die Experten griffen auf Angaben des US-Versicherers Medicare zurück. Sie berücksichtigten rund 256.000 Patienten mit einer Demenzdiagnose in den Jahren 2008 bis 2016. Alle hatten zum Zeitpunkt der Diagnose keine bekannten psychischen Störungen und wurden noch zu Hause versorgt. Die meisten waren an Alzheimer erkrankt, bei 9% hatten die Ärzte eine vaskuläre Demenz diagnostiziert, bei 8% eine Parkinsondemenz. Die Patienten waren im Schnitt 83 Jahre alt, zwei Drittel waren Frauen.

Insgesamt entwickelten 19% in den Jahren nach der Demenzdiagnose auch eine demenzbezogene Psychose. Von ihnen erhielt rund die Hälfte eine Antipsychotikatherapie. Zwei Jahre nach der Demenzdia-gnose hatten 14% eine Psychose und 32% aller Pa- tienten waren verstorben.

19% der Demenzpatienten entwickeln eine Psychose.

Die Forscher um Wetmore stellten nun jedem Pa- tienten mit einer Psychose vier Patienten ohne Psychose im gleichen Alter, mit gleichem Geschlecht und ähnlichen Begleiterkrankungen gegenüber. Ein Jahr nach der Psychosediagnose benötigten 12% der Patienten eine Langzeitpflege, definiert als Aufenthalt von mindestens 100 Tagen in einer Pflegeeinrichtung, in der Gruppe ohne Psychosen waren es lediglich 5%. Von den Psychosepatienten waren nach einem Jahr 34% gestorben, aber nur 16% der Demenzkranken ohne Psychose. Nach fünf Jahren waren die Unterschiede naturgemäß weniger groß, dann befanden sich 21% der Patienten mit und 16% derjenigen ohne Psychose in einer Pflegeeinrichtung, jeweils 81% und 61% waren gestorben.

Gründe für erhöhte Mortalität unklar

Berücksichtigten die Forscher weitere Begleitfaktoren, so ergab sich für Patienten mit Psychose über den Nachbeobachtungszeitraum von knapp zwei Jahren ein 2,4-fach erhöhtes Risiko für die Aufnahme in eine Pflegeeinrichtung sowie ein 2,1-fach erhöhtes Sterberisiko - verglichen mit Demenzkranken ohne Psychose. Die Unterschiede waren statistisch hoch signifikant und zeigten sich weitgehend unabhängig von der Demenzform. Frauen mit Psychose wurden noch etwas häufiger in Pflegeeinrichtungen eingewiesen als betroffene Männer, die Mortalität war bei ihnen aber weniger erhöht.

Weshalb Demenzkranke mit Psychosen rascher in eine Pflegeeinrichtung gelangen als solche ohne, lässt sich einfach erklären: Angehörige können sie aufgrund ihrer Verhaltensauffälligkeiten nur noch schwer zu Hause betreuen. Das erhöhte Mortalitätsrisiko leuchte aber weniger ein: Entweder sei eine Psychose ein Marker für eine rasch voranschreitende Erkrankung und damit auch für einen früheren Tod, oder die Psychose bedinge, dass die Patienten weniger gut versorgt würden, spekulieren die Experten. So könnten Agitation und Aggression andere medizinische Probleme kaschieren. Bekannt ist zudem das erhöhte Sterberisiko von Demenzkranken unter antipsychotischer Medikation.

Quelle: Wetmore JB et al. Neurology 2021; doi.org/10.1212/WNL.0000000000011632