Viele Kliniken berichten, dass auffällig wenige Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen wie dem Asthma bronchiale schwere Verläufe von COVID-19 entwickeln. Nun sollte die Hypothese überprüft werden, ob dieser kontraintuitive Befund mit der regelmäßigen Inhalation von Glukokortikoiden zu tun haben könnte.

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Bei der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie spielt die Entwicklung von Impfstoffen eine zentrale Rolle. Da jedoch die Immunisierung der Weltbevölkerung noch Jahre dauern wird, kommt auch neuen antiinfektiösen Arzneimitteln gegen das Virus eine Bedeutung zu. Dutzende von Arzneimitteln werden seit Beginn der Pandemie gegen die Krankheit ausprobiert, vielfach im Rahmen sogenannter Umwidmungsstudien. Diskrete Erfolge wurden bisher nur wenigen Substanzen bescheinigt.

In einer offenen, kontrollierten, randomisierten Phase-II-Studie wurde nun im Frühstadium der Erkrankung das inhalative Kortikosteroid (ICS) Budesonid gegeben. Einbezogen wurden 146 Erwachsene, die in den ersten sieben Tagen typische Infektionssymptome entwickelt hatten. Die Hälfte erhielt die Standardtherapie, die andere inhalierte zusätzlich täglich 2 × 800 µg Budesonid als Trockenpulver bis zum Sistieren der Symptome.

Im Rahmen täglicher Telefonate sowie häuslicher Besuche von Pflegepersonal am Tag der Randomisierung und an Tag 12 wurde über standardisierte Fragebögen und Interviews eine Reihe von Befindlichkeitsparametern erfasst. Körpertemperatur und O2-Sättigung wurden täglich ermittelt, die Viruslast zu Studienbeginn und an Tag 28 der Infektion.

Intensivpflichtig wurden 14% der Patienten in der Kontroll- und nur 1% der Patienten in der Budesonidgruppe. Die klinische Erholungsphase war unter Budesonid kürzer (7 vs. 8 Tage, p < 0,007). Auch der mediane Anteil der Tage mit Fieber in den ersten zwei Wochen der Infektion war unter Budesonid geringer (2% vs. 8%, p = 0,051), ebenso wie der Anteil der Tage, an denen ein Antipyretikum verabreicht werden musste (27% vs. 50%, p = 0,025). An den Tagen 14 und 28 nach Beginn der Infektion hatten die Patienten unter Budesonid signifikant weniger Symptome als ohne ICS (p = 0,003). Dagegen fielen keine Unterschiede bei der O2-Sättigung und der Viruslast auf.

Quelle: Ramakrishnan S, Nicolau DV Jr, Langford B et al. Inhaled budesonide in the treatment of early COVID-19 (STOIC): a phase 2, open-label, randomised controlled trial. Lancet Respir Med 2021, online 9. April; https://doi.org/10.1016/S2213-2600(21)00160-0

MMW-Kommentar

Es handelt sich um eine Phase-II-Studie mit geringer Patientenzahl, die statistische Evaluation ist also mit Vorsicht zu betrachten. Eine größere Phase-III-Studie mit gleichem Design sollte möglichst bald folgen. Trotzdem sind die Daten von großer Relevanz, da Budesonid sich in der Asthmatherapie längst als effizient, sicher, einfach zu handhaben und wenig kostenintensiv bewiesen hat. Es könnte daher global eine Ergänzung zur Impfstrategie darstellen. Das stark antiinflammatorisch wirksame Glukokortikoid Dexamethason hat ja bereits seinen Platz in der Standardtherapie der fortgeschrittenen COVID-19-Erkrankung. Sein Wirkmechanismus beruht offenbar auf einer Unterdrückung des massiven Zytokinsturms in dieser Krankheitsphase.

Budesonid und möglicherweise andere ICS haben, wenn sich die Befunde bestätigen, ihre Indikation in der Frühphase der Infektion. Als Wirkmechanismus wird eine Hemmung der Ausbreitung von SARS-CoV-2 im oberen und unteren Atemwegstrakt durch eine starke lokale antiinflammatorische Wirkung postuliert. In-vitro-Untersuchungen konnten zeigen, dass ICS zum einen die Expression des ACE-2-Rezeptors hemmen, der SARS-CoV-2- als das Einfallstor in die Zelle dient, zum anderen aber auch die Virusreplikation selbst reduzieren.

Neben den unteren Atemwegen wird v. a. auch der Nasen-Rachen-Raum als Verbreitungsgebiet für das Virus angesehen. Aus diesem Grund sollte bei der eventuellen Anwendung von Kortikoiden neben der oralen Inhalation auch eine frühe nasale Applikation in Erwägung gezogen werden.

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Prof. em. Dr. med. Dr. h. c. D. Reinhardt

Kinderklinik und Kinderpoliklinik im Haunerschen Kinderspital, München