Die Adipositas ist nicht nur eine eigenständige Krankheit, sondern auch ein Risikofaktor für viele andere Krankheiten. Mehr und mehr zeigt sich, dass sie auch zu Venenthrombosen führen kann.

Für die ersten prospektive Untersuchung zur Frage, ob eine Gewichtsänderung das Thromboserisiko beeinflusst, wurden 11.656 Erwachsene im mittleren Alter von 62 Jahren rekrutiert. Binnen 19 Jahren wurden vier Visiten durchgeführt, die Gewichtsänderung wurde über neun Jahre erfasst. Insgesamt traten 529 Venenthrombosen an der unteren Extremität auf.

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Zeit für die Notbremse.

Betrachtete man das Quintil der Population mit der höchsten Gewichtszunahme (> 7,7 kg), so zeigte sich ein um 46% erhöhtes Thromboserisiko im Vergleich zu Personen, deren Gewicht konstant geblieben war. Bestand eine Krankheit oder Immobilität, die als Ursache einer Thrombose infrage kamen, war die Adipositas kein Risikofaktor. War dies dagegen nicht der Fall, war das Thromboserisiko um 103% erhöht.

Besonders betroffen waren Personen, die bereits bei Studienbeginn adipös waren. Bei ihnen steigerte eine Gewichtszunahme von > 2,7 kg die Thromboserate um 86%.

Quelle: French SA et al. Weight change over 9 years and subsequent risk of venous thromboembolism in the ARIC cohort. Int J Obes. 2020;44:2465-71

MMW-Kommentar

Wie kann man sich diesen Zusammenhang erklären? Adipöse Personen haben erfahrungsgemäß häufig geschwollene Beine ohne Hinweise auf Ödeme anderer Genese. Sie leiden auch häufiger an einer Varikosis oder an Klappeninsuffizienzen. Der Hauptgrund ist jedoch ein anderer: Aufgrund eines vermehrten intraabdominalen Drucks ist der Rückfluss des venösen Bluts zum Herzen beeinträchtigt. Die "Engstelle" ist der Bauchraum. Personen mit normalem Gewicht weisen einen intraabdominalen Druck von 0-7 mmHg auf. Adipöse kommen bei der Messung in der Harnblase auf 15 mmHg. Dies löst Veneninsuffizienz und -thrombosen über einen ähnlichen Mechanismus aus wie Harninkontinenz und gastroösophagealen Reflux.

Wichtig ist aber auch der Befund, dass Personen, bei denen thrombosefördernde Krankheiten, ein postoperativer Zustand oder Immobilität vorlagen, kein signifikant erhöhtes Thromboserisiko hatten. Dies weist darauf hin, dass diese Zustände von größerer Bedeutung sind als das intraabdominale Fett.

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Prof. Dr. med. A. Wirth

Melle, Deutsche Adipositas Gesellschaft