Eine 84-jährige Patientin, die sich bislang nur wegen Rückenbeschwerden oder interkurrenter Infekte in der Praxis vorgestellt hatte, beklagte nun eine seit mehreren Monaten kaum besser werdende "Schrunde" unter der linken Brust. Die körperliche Untersuchung ergab einen überraschenden Befund.

figure 1

© C. Raschka

Am Ansatz der Brust imponierte ein großes, eitriges, blutiges Ulkus. Dieses war bei einer Gesundheitsuntersuchung im Quartal zuvor noch nicht zu sehen gewesen. Deshalb und aufgrund der Anamnese konnten die meisten Differenzialdiagnosen ausgeschlossen werden, u. a. leukämische Infiltrationen, eine Hautreaktion nach Piercing, ein Paget-Karzinom, bullöse Autoimmunerkrankungen, Herpes-Zoster-Komplikationen, die seltene Cumarin-Nekrose, eine Hypertrichosis lanuginosa, ein Erythema gyratum repens, Tropenkrankheiten oder paraneoplastische Dermatosen. Auch entzündliche Brusterkrankungen wie ein Brustabszess erscheinen bei dem berichteten geringen Krankheitsgefühl eher unwahrscheinlich.

Mit der Verdachtsdiagnose eines exulzerierten Mammakarzinoms wurde die Patientin umgehend in eine gynäkologische Klinik eingewiesen. Dort bestätigte sich die Diagnose. Das Karzinom grenzte an die vordere Umschlagsfalte der Axilla und wies Hautinfiltrationen und eine Lymphknotenmetastase in der linken Axilla auf. Eine Organ- oder Skelettmetastasierung war glücklicherweise noch nicht eingetreten.

In Deutschland ist das Mammakarzinom beim weiblichen Geschlecht die häufigste Krebsart mit einem Anteil von 32% aller Neuerkrankungen. Das Lebenszeitrisiko wird mit 12,9% angegeben - es erkrankt also etwa jede achte Frau im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Dies entspricht jährlich etwa 71.900 Neuerkrankungen bzw. 171 Fällen pro 100.000 Einwohner. Eine Exulzeration ist beim Mammakarzinom nicht sehr häufig; Experten schätzen den Anteil aber immerhin auf 1-2%.

figure 2

Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Dr. Sportwiss. Christoph Raschka

Praxis für Allgemeinmedizin - Sportmedizin, Im Igelstück 31, D-36088 Hünfeld