Eine Metaanalyse zeigt die Zusammenhänge zwischen Medienberichten zum Thema Suizid, insbesondere von Prominenten, und nachfolgenden Selbsttötungen in der Allgemeinbevölkerung auf.

In der ersten systematischen Auswertung dieser Art wurden sämtliche Studien mit einer Erfassung der Suizidraten vor und nach einem breit publizierten Suizid eingeschlossen. Die Erhöhung der Suizidrate sowie eine Veränderung der Suizidmethoden wurden metaanalytisch gepoolt. Insgesamt wurden 31 Studien eingeschlossen.

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Williams: © Tracey Nearmy / dpa / picture alliance; Enke: © Waelischmiller / Sven Simon / picture-alliance

Schauspieler Robin Williams erhängte sich, Torwart Robert Enke beging Schienensuizid. Beide Methoden erfuhren in der unmittelbaren Folge eine Welle.

Es zeigte sich, dass die Suizidrate in den ein bis zwei Monaten nach Medienberichten über die Selbsttötung von Prominenten um 8-18% stieg. Wenn Informationen über die Suizidmethode publiziert worden waren, wurde diese Methode in den folgenden Wochen 18-44% häufiger genutzt. Dagegen ließ sich im Anschluss an Berichte über Suizide von Personen, die nicht im öffentlichen Leben standen, eine Veränderung der Suizidrate oder der Methoden nicht konsistent nachweisen.

Quelle: Niederkrotenthaler T, Braun M, Pirkis J et al. Association between suicide reporting in the media and suicide: systematic review and meta-analysis. BMJ. 2020;368:m575

MMW-Kommentar

Die Ergebnisse zum Werther-Effekt in dieser Studie sind eindeutig. Medienberichte über Suizide von Prominenten korrelierten mit einer erhöhten Suizidrate. Berichte über anonyme Suizide waren dagegen nicht in allen Studien mit einer nachweislich erhöhten Suizidrate assoziiert.

Die Erhöhung der Suizidrate nach Berichten über den Suizid eines Schauspielers um 8% über einen Monat mag gering erscheinen. Auf Deutschland bezogen würde dies aber 60 zusätzliche Suizide bedeuten. Eine sensible Berichterstattung der Medien sollte konsequent eingefordert werden.

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Prof. Dr. med. M. Hüll

Klinik für Geronto- und Neuropsychiatrie, Emmendingen