Muttermilch ist in den ersten Monaten die beste Ernährung und schützt z. B. vor später im Leben auftretenden Allergien. Eine Kohortenstudie zeigt, dass das Stillen auch die Zahl schwer verlaufender Infektionen im Säuglingsalter reduziert.

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Am deutlichsten profitieren voll gestillte Kinder.

In einer großen Geburtenkohorte mit 815 Mutter-Kind-Paaren aus dem dänischen Odense wurden per Fragebogen Informationen über das Stillen sowie über Infektionen bei den Kindern bis zum Alter von 36 Monaten erfasst. Es wurden drei Gruppen gebildet, die ausschließlich, teilweise oder nicht gestillte Kinder umfassten. Die mittlere Stilldauer lag bei den gestillten Kindern bei 7,6 Monaten, bei den voll gestillten Kindern bei 2,1 Monaten.

25,4% der Kinder wurden wegen diverser Infektionen der Atemwege, der Harnwege oder des Gastrointestinaltrakts stationär aufgenommen. Die Inzidenzrate dieser Krankenhausbehandlungen zeigte eine signifikante inverse Beziehung zur Stilldauer (p < 0,001). Für die Gesamtheit der Stillkinder bestand diese Assoziation allerdings nur im 1. Lebensjahr (p < 0,05). Bei den voll gestillten Kindern war die Assoziation am stärksten (p < 0,006), obwohl die Stilldauer nur relativ kurz war.

Nur 9 Kinder wurden 6 Monate lang ausschließlich gestillt. Betrachtete man nur die Kinder, die mindestens 4 Monate lang exklusiv oder teilweise gestillt worden waren, sank die Rate der stationären Aufnahmen um mehr als die Hälfte.

Besonders günstig wirkte sich das Stillen auf Atemwegsinfektionen aus. Keine Assoziation bestand zwischen Stillmodus oder Stilldauer und Infektionen, die keine stationäre Aufnahme erforderten.

Quelle: Christensen N, Bruun S, Søndergaard J et al. Breastfeeding and infections in earl childhood: a cohort study. Pediatrics. 2020;146:e20191892

MMW-Kommentar

Die Daten bieten neue Erklärungsmöglichkeiten für die zum Teil kontroversen Studien zur Wirkung des Stillens auf das Immunsystem. Ausschließlich und teilweise gestillte Kinder mussten im ersten Lebensjahr weniger häufig wegen Infektionen stationär behandelt werden. Nach dem 1. Geburtstag war dieser Vorteil nicht mehr nachweisbar. Weniger gravierende Infekte, die man zu Hause auskurieren kann, wurden nicht beeinflusst.

Nach den internationalen Empfehlungen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und der Weltgesundheitsorganisation, die auch die Natio- nale Stillkommission vertritt, wird ausschließliches Stillen in den ersten sechs Lebensmonaten empfohlen. In der vorliegenden Studie wurde allerdings nur 1% der Kinder über mehr als sechs Monate voll gestillt. Die Daten zeigen aber, dass bereits vier Monate Stillen die Zahl notwendiger stationärer Aufnahmen aufgrund von Infektionen um mehr als die Hälfte reduzieren konnte.

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Prof. em. Dr. med. Dr.h.c. Reinhardt

Kinderklinik und Kinderpoliklinik im Haunerschen Kinderspital, München