Die Corona-Pandemie bedeutete für die klinische und wissenschaftliche Medizin im vergangenen Jahr eine große Herausforderung. Erkenntnisse zu und Abwehrmöglichkeiten von SARS-CoV-2 wurden in kurzer Zeit zusammengetragen. Das Erreichte kann man nur als große Erfolgsgeschichte betrachten.

So sieht dies jedenfalls Prof. Christoph Sarrazin, Direktor des Zentrums Innere Medizin am St. Josephs-Hospital Wiesbaden, wie er kürzlich auf der Jahrespressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) äußerte. "Wir wissen heute schon unglaublich viel über SARS-CoV-2, das wir vor einem guten Jahr noch gar nicht kannten." Zum Beispiel wie es sich überträgt, wie man das Ansteckungsrisiko senken kann, wie unterschiedlich schwer die Erkrankung verläuft, welche Organsysteme es angreifen kann oder welche Risikofaktoren für schwere Verläufe es gibt.

10-50% der COVID-19-Patienten leiden noch Monate nach der Infektion an schweren Spätfolgen.

Verlauf positiv zu beeinflussen

Den Verlauf der Infektion kann man heute durch eine primär symptomatische Therapie günstig beeinflussen. Eine antivirale Therapie gibt es zwar nicht, wenn man von dem relativ unspezifischen und deshalb eher schwach wirksamen antiviralen Medikament Remdesivir absieht. Dieses kann die Genesung von nicht beatmeten Patienten mit Pneumonie beschleunigen, wenn es in der Frühphase eingesetzt wird. Auch durch eine frühzeitige Therapie mit synthetischen Antikörpern lässt sich ein schwerer Verlauf bei Risikopatienten abmildern. Später bestimmt weniger das Virus als vielmehr die massive Immunreaktion den Verlauf der Erkrankung. Steroide haben sich bei beatmeten Patienten als unterschiedlich wirksam erwiesen. Dexamethason scheint jedoch die Mortalität von Patienten mit schwerer Pneumonie und Sauerstoffsättigung < 90% zu senken.

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© Taechit, Adobe Stock

52% der Corona- Patienten auf Intensivstationen werden künstlich beatmet.

Die Erkenntnis, dass ein schwerer Krankheitsverlauf häufig mit thromboembolischen Komplikationen einhergeht, hat dazu geführt, solche Patienten prophylaktisch zu antikoagulieren. Niedermolekulare Heparine in prophylaktischer Dosierung konnten in großen Studien die 30-Tage-Mortalität vermindern.

Wirksame Impfstoffe in kürzester Zeit

Als medizinhistorische Premiere kann betrachtet werden, wie schnell es gelungen ist, das Virus zu sequenzieren, eine molekulare Diagnostik sowie Antikörper- und Antigentests zu etablieren und mehrere hochwirksame Impfstoffe gegen dieses Virus zu entwickeln. Die bisher in Deutschland zugelassenen Impfstoffe schützen Geimpfte bis zu > 90% vor einer COVID-19-Infektion. Und es verdichten sich die Hinweise darauf, dass sie auch vor der Übertragung auf andere schützen.

Offen ist heute noch, welchen Einfluss neue Mutanten in Zukunft auf die Verbreitung des Virus und Impfschutz nehmen werden. Erste In-vitro-Untersuchungen, bei denen Antikörper von Menschen, die mit einer mRNA-Vakzine geimpft wurden, mit gezüchteten Virusmutanten zusammengebracht wurden, zeigen, dass die britische Variante, die eine einfache Mutation aufweist, offenbar gut neutralisiert wird. Varianten mit zwei Mutationen, wie die brasilianische oder südafrikanische lassen sich weniger gut neutralisieren. Impfstoffe müssen deshalb "aktualisiert" werden, so Sarrazin. Lockerungen von Infektionsschutzmaßnahmen zusammen mit einer plötzlich zunehmenden Verbreitung besonders infektiöser Mutanten könnten zu einem Hochschnellen der Inzidenz führen, die sich derzeit im langsamen Sinkflug bewegt.

Je mehr Patienten eine COVID-19-Infektion durchgemacht haben, desto klarer wird auch, dass es häufig Spätfolgen gibt. Zwischen 10% und 50% der Pa-tienten leiden unter teils monatelang anhaltenden Atem- oder Herz-Kreislauf-Beschwerden oder Müdigkeit. Um die betroffenen Menschen zu betreuen, werden gegenwärtig an vielen Kliniken spezielle "Post-COVID-Syndrom-Sprechstunden" etabliert.

Quelle: Jahrespressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e.V., 4. Februar 2021