Im Klinikum Sindelfingen-Böblingen kümmern sich Ehrenamtliche um alte Patienten - mit messbarem medizinischen Erfolg. Das überzeugte die Jury des Springer Medizin Charity Award.

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Krankenhaus: © www.kreisseniorenrat-boeblingen.de

Patientenhelferin am Klinikum Sindelfingen-Böblingen.

"Es sind die alten Patienten, die besondere Unterstützung benötigen", sagt Prof. Axel Prokop, Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie am Klinikum Sindelfingen-Böblingen. An seiner Klinik beträgt der Anteil älterer Patienten 70%. Viele von ihnen blieben die meiste Zeit allein. Allein mit ihren Schmerzen, allein in der fremden Umgebung, allein mit unbekannten Menschen.

Eine solche Situation überfordere viele. 15-25% aller Patienten über 65 Jahre reagierten auf ihre Einlieferung verwirrt, sagt Prokop. "Die einen sind hyperaktiv, die anderen liegen nur noch apathisch da." Beide Zustände könnten zum Tod führen, etwa durch Stürze oder durch Nierenversagen wegen stark reduzierter Nahrungsaufnahme.

Erfolgreicher Aufruf in der Lokalpresse

Seit am Klinikum Sindelfingen-Böblingen ehrenamtliche Helfer eingesetzt werden, die sich unmittelbar nach der Einlieferung um alte Patienten kümmern, hat sich die Situation deutlich verbessert. Vor drei Jahren war das vom TÜV als Zentrum für Alterstraumatologie zertifizierte Klinikum auf den Kreisseniorenrat in Böblingen zugegangen. "Dieser Verein ist überaus aktiv", lobt Prokop. "Die ehrenamtlichen Helfer dort begleiten die Senioren nach Hause und besorgen ihnen bei Bedarf auch einen Handwerker."

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Award: © David Vogt

Unterstützung gab es auch vom Verein FISH Leonberg, der v. a. erwachsene Menschen mit geistigen, seelischen oder körperlichen Beeinträchtigung betreut. Die Mitarbeiter begleiten auch ältere Patienten ins Krankenhaus und unterstützen Angehörige bei der Pflege Demenzkranker. Gemeinsam veröffentlichte man einen Zeitungsaufruf, auf den sich gleich zwei Dutzend Interessenten meldeten.

30-stündige Schulung der Freiwilligen

Die Laienhelfer erhielten ein 30-stündiges Kolloquium, in dem sie hinsichtlich Gesprächsführung, Erster Hilfe, Hygiene, Delir, Demenz, Depression, Osteoporose und Frakturen geschult wurden. Am Ende bekamen sie vom Landrat eine Urkunde verliehen. In der Regel verbringen die ehrenamtlichen Begleiter rund eine Stunde pro Tag mit den älteren Patienten. Sie hören ihnen zu, lesen ihnen aus der Zeitung vor, spielen mit ihnen "Mensch ärgere Dich nicht" oder singen Lieder.

Hinzugekommen ist inzwischen die Op.-Begleitung. Die ehrenamtlichen lernen ihre Schützlinge am Vorabend kennen, sind bis zur Schleuse bei ihnen und warten danach im Aufwachraum auf sie. Schon 8.500 ältere Patienten wurden so begleitet.

"Tatsächlich bekommen sehr, sehr viele unserer älteren Patienten keinen Besuch", erzählt Prokop. "Dabei wollen viele einfach nur reden." Das führe oft dazu, dass einsame Patienten permanent nach den Schwestern klingelten und deren Arbeitsabläufe unterbrächen. Die ehrenamtlichen Helfer sorgten bei allen Beteiligten für Entspannung.

Keiner der ersten 500 dokumentierten Patienten, so ergab eine Evaluation, erlitt bis zur Entlassung ein manifestes Delir. Der Verbrauch an Neuroleptika ging um 25% zurück, die Schwestern und Pfleger auf den Stationen fühlen sich deutlich entlastet. Und die Patientenbegleiter empfinden ihre ehrenamtliche Tätigkeit als überaus erfüllend.