Adipöse Menschen haben ein geringes Osteoporose-Risiko. Wenn sie Gewicht verlieren, müsste es im Grunde steigen. Allerdings zeigt eine Studie, dass ein bariatrischer Eingriff hier einen positiven Effekt haben kann.

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© Davorin Wagner / Chirurgie im Bild

Magen vor Präparation zum Schlauchmagen.

Ausgewertet wurden die Daten von 49.113 erwachsenen Medicare-Patienten aus den USA, die laut den Versicherungsleitlinen für eine bariatrische Operation infrage kamen. Sie hatten entweder einen BMI > 40 kg/m2, ein Übergewicht von > 100 lbs (ca. 45 kg) oder einen BMI > 35 kg/m2 mit einer Adipositas-assoziierten Begleiterkrankung. Die Daten wurden so ausgewählt, dass drei gleich große Gruppen gebildet werden konnten mit Patienten, die einen Roux-en-Y-Magenbypass, eine Schlauchmagen-Op. oder gar keinen Eingriff erhielten. Die Teilnehmer wurden anhand vieler Parameter wie Alter, Geschlecht, Rauch- und Bewegungsstatus gematched.

Nach drei Jahren Beobachtung hatten 1.382 Patienten Knochenbrüche erlitten. Bei den Bypass-Operierten waren die Zahlen ähnlich hoch wie bei den nicht Operierten. Bei den Schlauchmagen-Patienten traten hingegen am Humerus 43%, an Radius und Ulna 62%, an der Hüfte 51%, am Becken 66% und an der Wirbelsäule 40% weniger Frakturen auf. Beim Vergleich der beiden Operationsgruppen hatten Patienten nach Bypass ein um 79% höheres generelles Frakturrisiko.

Quelle: Khalid SI, Omotosho PA, Spagnoli A, Torquati A. Association of bariatric surgery with risk of fracture in patients with severe obesity. JAMA Netw Open. 2020;3:e207419

MMW-Kommentar

Die Studie verblüfft in zweierlei Hinsicht: Zum einen kann das Frakturrisiko nach bariatrischer Operation offenbar erheblich abnehmen, was in kleineren Untersuchungen schon gezeigt wurde, jedoch nicht in dieser Spezifität. Zum anderen ist das Risiko eng an das operative Vorgehen geknüpft.

Wie kommt das? Zur Bypass-Op., dem weltweit häufigsten Verfahren, liegen viele Erkenntnisse zur Pathophysiologie vor. So setzen nach dem Eingriff ein erhöhter Knochenumsatz, eine Störung der Knochenmikroarchitektur und eine Abnahme der Knochendichte ein. Ursächlich könnte die Umgehung der Magenpassage und die Verkürzung des Dünndarms sein: Da Nahrungs- und Verdauungssäfte erst im mittleren Dünndarm vermengt werden, wird die Resorption von Mineralien, Spurenelementen und Vitaminen beeinträchtigt. Zudem werden ernährungsassoziierte Hormone wie Ghrelin, Leptin, Glucagon-like peptide und viele andere tangiert. Beim Schlauchmagen dagegen werden zwar große Teile von Fundus, Corpus und auch Antrum entfernt - dies beeinträchtigt die Resorption von Mikrostoffen aber nur unwesentlich.

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Prof. Dr. med. A. Wirth

Melle, Deutsche Adipositas Gesellschaft