Die Abrechnungszahlen der Videosprechstunde schießen in Zeiten des pandemiebedingten Social Distancing durch die Decke, wie ein Bericht des Bewertungsausschusses offenlegt. Doch interessanterweise kommen nicht alle telemedizinischen Leistungen in der Praxis ähnlich gut an.

Der Bewertungsausschuss (BA) hat seinen dritten Bericht zum Stand telemedizinischer Anwendungen vorgelegt, der die Abrechnungsdaten von November 2018 bis Oktober 2020 umfasst. Er zeigt einen schwachen Start der Telemedizin - und einen pandemiebedingten Boom.

Trotzdem gibt es Bereiche, in denen die neuen Technologien über die Jahre hinweg nicht Fuß fassen konnten. So spielt die telekonsiliarische Befundbeurteilung von Röntgenaufnahmen auch drei Jahre nach ihrer Aufnahme in den GKV-Leistungskatalog in der Praxis nur eine untergeordnete Rolle. Der beauftragende Arzt kann hierfür die Nr. 34 800 EBM abrechnen, was 2018 bundesweit noch 1.190-mal und 2019 nur noch ein einziges Mal (!) geschah. Die Beurteilung selbst, abrechenbar mit der Nr. 34 810, ist 2019 sogar "völlig zum Erliegen gekommen": Nach 388 Abrechnungen im Vorjahr wurde keine einzige mehr verzeichnet.

0 Zahl der telekonsiliarischen Befundbeurteilungen von Röntgenaufnahmen in Deutschland 2019

Ähnlich sieht es bei der telekonsiliarischen Befundbeurteilung von CT-Aufnahmen nach den Nrn. 34 820 und 34 821 aus. Hier sanken die Zahlen von 25 auf 17 - aufs Bundesgebiet bezogen also kaum nennenswert. "Die Gründe hierfür sind dem BA nicht bekannt", heißt es in dem Bericht.

Auf der anderen Seite hat die Videosprechstunde nach den Worten des BA "im Rahmen der COVID-19-Pandemie einen regelrechten Abrechnungsschub erfahren". So wurde die Nr. 01 450 im 1. Quartal 2020 insgesamt 202.123-mal abgerechnet - eine Steigerung um das 127-Fache im Vergleich zum Vorquartal. Der Zuschlag zur Versicherungspauschale lässt darauf schließen, bei wie vielen Patienten eine Videosprechstunde oder -fallkonferenz durchgeführt wurde. Auch der weitere Zuschlag zur Anschubförderung von Videosprechstunden nach Nr. 01 451 ist im ersten Pandemie-Quartal 111-mal öfter abgerechnet worden als zuvor.

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Sie stecken sich allenfalls mit guter Laune an.

Hausärzte sind Vorreiter bei der Videosprechstunde

Die Videosprechstunde als alleinige Versorgungsform im Behandlungsfall findet sich dem Bericht zufolge v. a. im hausärztlichen Versorgungsbereich. Im 1. Quartal 2020 seien jedoch "wesentlich mehr Fachgruppen hinzugekommen, die Leistungen ausschließlich per Videosprechstunde und Videofallkonferenz erbringen". Dennoch sei festzustellen, dass sich im 4. Quartal 2019 und 1. Quartal 2020 der Einsatz der Videosprechstunden "vor allem auf den hausärztlichen Versorgungsbereich und auf psychiatrisch/psychotherapeutisch tätige Fachgruppen konzentriert hat", wie der BA in seinem Bericht resümiert.

Die Startschwierigkeiten der Telemedizin in Deutschland scheinen durch die Corona-Pandemie einerseits und EBM-Änderungen andererseits zunächst überwunden. Im Rahmen der COVID-19-Pandemie könne sich der Trend, so prognostiziert der BA in seinem Bericht, weiter fortsetzen. Ob und wie sich die telemedizinischen Abrechnungsdaten weiter verändern, wird der nächste Bericht des BA zeigen, der turnusmäßig in zwei Jahren vorgelegt werden muss.