Die Corona-Pandemie wirft in der Praxis Fragen über Fragen auf: Sind Asthmatiker besonders gefährdet, an COVID-19 zu erkranken? Wirkt sich Asthma auf den Verlauf von COVID-19 aus? Wie sieht das bei der COPD aus? Was ist zu tun, wenn die Patienten von der Pflicht des Tragens einer Mund-Nasen-Maske befreit werden wollen? Wie kann am besten Kontakt zum Patienten gehalten werden? Auf die meisten anstehenden Fragen gibt es inzwischen gute Antworten.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Corona-Pandemie ist bei Asthma und COPD eine gute Krankheitskontrolle wichtiger denn je, da im Fall einer COVID-19-Erkrankung ansonsten ein deutlich erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf besteht.

Die Patienten sind darüber hinaus zu informieren und zu motivieren die Abstand-Hygiene-Alltagsmaske (AHA)-Regel konsequent einzuhalten und somit Außenkontakte zu minimieren, Abstand zu Mitmenschen zu halten, eine Mund- Nasen-Schutzmaske zu tragen sowie die allgemeinen Hygienemaßnahmen zu beachten.

Asthma und COVID-19-Risiko

Generell ist bei einem Patienten mit Asthma bronchiale, der therapeutisch gut eingestellt ist und keine dauerhafte Lungenschädigung aufweist, im Fall einer COVID-19-Erkrankung nicht von einem erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf auszugehen. Problematisch ist jedoch, dass die Erkrankung bei vielen Asthmapatienten nicht adäquat kontrolliert ist. Das kann vielfältige Gründe haben. So erhalten nicht alle Patienten, bei denen dies erforderlich wäre, ein inhalatives Steroid (ICS). Zudem können auch Fehler bei der Inhalation den Therapieerfolg beeinträchtigen.

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Atemprobleme hinter einer Mund-Nasen-Bedeckung können auch psychische Ursachen haben.

Nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob bei Asthmapatienten ein erhöhtes Risiko für eine SARS-CoV-2-Infektion besteht. Valide Hinweise darauf gibt es aber nicht.

Obwohl vereinzelt allergische Reaktionen auf Stabilisatoren in den mRNA-Impfstoffen aufgetreten sind, scheint im Moment für Patienten mit allergischem Asthma kein erhöhtes Risiko zu bestehen. Es sollte sicherheitshalber aber eine 30-minütige Nachbeobachtung bei der Impfung eingehalten werden.

COPD und COVID-19-Risiko

Anders als bei Asthmapatienten sieht die Situation bei COPD-Patienten aus, da diese im Allgemeinen eine deutlich eingeschränkte Lungenfunktion aufweisen. Selbst wenn ihnen dies im Alltag nur wenig Probleme bereitet, kann die Situation im Falle einer Infektion rasch eskalieren. Es besteht zumindest ab einer COPD Grad III bei einer evtl. notwendigen maschinellen Beatmung für die Patienten ein deutlich erhöhtes Risiko.

Es ist ferner davon auszugehen, dass bei Patienten mit COPD infolge der Atemwegsobstruktion und der damit bestehenden Begleiterkrankung auch ein erhöhtes Infektionsrisiko für SARS-CoV-2 zu bedenken ist. Eine möglichst optimale Behandlung ist deshalb selbstverständlich auch bei der COPD wichtig.

Auch wenn es Hinweise gibt, dass Raucher möglicherweise ein leicht geringeres Risiko hinsichtlich der SARS-CoV-2-Infektion besitzen, müssen Patienten mit COPD unbedingt weiterhin motiviert werden, mit dem Rauchen aufzuhören. Dabei kann die Abstinenzsituation zunächst für eine Zeit lang durch Nikotinersatzpräparate überbrückt werden.

Wann Patienten von der Maskenpflicht befreien?

Bereits seit Beginn der Corona-Pandemie werden in der Praxis immer wieder Patienten mit der Bitte vorstellig, per Attest von der Pflicht des Tragens einer Mund-Nasen-Schutzmaske befreit zu werden. Als Begründung werden meist Atemschwierigkeiten angegeben. In diesem Zusammenhang ist explizit festzuhalten, dass es im Hinblick auf das Asthma wie auch auf die COPD keine sinnvolle Begründung gibt, der Bitte nach einem Befreiungsattest nachzukommen.

Vielmehr benötigen Patienten mit Atemwegserkrankung einen optimalen Schutz vor der Infektion, und das schließt das Tragen einer Mund-Nasen-Schutzmaske ein. Idealerweise sollten aber keine AlltagsStoffmasken getragen werden, sondern chirurgische Atemmasken. Denn diese werden nach einem entsprechenden Standard produziert, gewährleisten eine bessere Balance zwischen Tragekomfort und Schutzwirkung und haben sich seit Jahrzehnten hinsichtlich der Hemmung der Keimübertragung in der Medizin bewährt. Die Atmung wird durch diese Masken nicht behindert.

Je ausgeprägter die bestehende Atemwegserkrankung ist, umso wichtiger ist das Tragen einer FFP2-Atemschutzmaske, die nicht nur die Mitmenschen, sondern auch den Träger schützen kann. In aller Regel können diese Masken auch von Menschen mit Asthma und COPD in Ruhe genutzt werden, also wenn keine besonderen körperlichen Anstrengungen anstehen. Im Zweifelsfall lässt sich zudem die Aussage, unter der Schutzmaske nicht richtig atmen zu können, leicht durch das Messen der Sauerstoffsättigung per Finger-Pulsoximeter während des Tragens der Maske kontrollieren.

Tatsächlich gibt es nur wenige Gründe, die ein Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht rechtfertigen. Patienten, die unter der Maske z. B. panikartig hyperventilieren, leiden nicht unter einer Atemwegserkrankung, sondern unter einer Angsterkrankung und sollten mittels einer speziellen Atemtherapie behandelt werden. Werden sie von der Maskenpflicht befreit, muss man ihnen zur Auflage machen, konsequent die Abstandsregeln zu beachten. Ein Befreiungsattest kann außerdem bei Patienten ausgestellt werden, die beim Tragen verschiedenster MundNasen-Schutzmasken eine schwere allergische Reaktion entwickeln.

Patientenkontakte per Videosprechstunde

Während der Corona-Pandemie ist ferner zu bedenken, wie sich direkte Patientenkontakte in der Praxis minimieren lassen. Daher gewinnen Videosprechstunden zunehmend an Bedeutung.

Die Maßnahmen werden inzwischen adäquat honoriert, insbesondere wenn solche Videosprechstunden patientenfreundlich am Samstag angeboten werden.

Steht eine Lungenfunktionsmessung oder z. B. eine Röntgenuntersuchung an, so ist es sinnvoll, zunächst für den Patienten einen morgendlichen Untersuchungstermin zu vereinbaren. Die Besprechung der Befunde kann dann später per Videosprechstunde erfolgen. Sind die Patienten mit einem Peak-Flow-Meter und/oder einem Finger-Pulsoximeter ausgestattet, so können die entsprechenden Untersuchungen per Video erfolgen.

Der Krankheitsverlauf kann im Rahmen der Videosprechstunde außerdem durch den Einsatz des Asthmakontrolltests (ACT) und des COPD-Assessment-Tests (CAT) beurteilt werden, ohne dass die Patienten hierfür die Praxis aufsuchen müssen.

Videosprechstunden haben auch den Vorteil, Patienten zu erreichen, die die Praxis aus Sorge derzeit scheuen, sich dort zu infizieren. Hilfreich kann für die Patienten ferner die Nutzung von Gesundheits-Apps sein, die für den Einsatz bei verschiedenen Atemwegserkrankungen verfügbar sind.

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Dr. med. Michael Barczok

Niedergelassener Lungenfacharzt in Ulm