Das Bestattungswesen unterliegt einem steten Wandel. Durch die COVID-19-Pandemie hat sich der Umgang mit potenziell infektiösen Leichen verändert. Und um potenzielle Tötungsdelikte vor der vollständigen Vernichtung von Beweisen aufzudecken, wird auch in Bayern eine zusätzliche "Krematoriumsleichenschau" eingeführt.

Das Bestattungsrecht liegt grundsätzlich in der Gesetzgebungskompetenz der Länder. [1] Dies bedeutet, dass jedes Bundesland das Bestattungswesen selbstständig und auch unterschiedlich regeln kann. Die Begriffe "Bestattung" oder "Beerdigung" werden dabei in der Regel synonym verwendet [2].

Regelungen in Bayern

In Bayern ist das Bestattungsrecht im Bestattungsgesetz (kurz BestG) und in der Bestattungsverordnung (kurz BestV) geregelt. Mit Wirkung vom 01.04.2021 wurde die BestV neu gefasst. Ab dem 01.07.2021 wurden zudem auch die amtlichen Muster für die Todesbescheinigung, die vorläufige Todesbescheinigung, der Obduktionsschein und der Leichenpass angepasst (siehe Teil B in dieser MMW-Ausgabe).

Der Text der geänderten Fassung der BestV hat allerdings nur eine begrenzte Wirksamkeit bis zum 31.12.2022. Denn ab 01.01.2023 wird (voraussichtlich) auch in Bayern eine zweite Leichenschau vor Feuerbestattung (die sog. Krematoriumsleichenschau) sowie eine zweite Leichenschau vor Überführung in das Ausland eingeführt. In diesem Zuge wird die BestV erneut angepasst werden [3, 4].

Eine Krematoriumsleichenschau soll v. a. nichtnatürliche Todesfälle (insbesondere Tötungsdelikte) aufdecken, die fälschlicherweise als solche bei der Leichenschau verkannt wurden, bevor die Spuren durch das Verbrennen des Leichnams unwiederbringlich vernichtet werden.

Die Bestattungsgesetze der einzelnen Bundesländer finden Sie über die Google-Suche, Stichworte "Bestattungsgesetz" und das jeweilige Bundesland.

Rechte des leichenschauenden Arztes

Zum Vollzug der bestattungsrechtlichen Bestimmungen kann der leichenschauende Arzt Grundstücke und Wohnräume betreten. Der Inhaber der tatsächlichen Gewalt hat diese zugänglich zu machen (Betretungsrecht, vgl. Art. 3 Abs. 1 BestG). Wer Tatsachen kennt, deren Kenntnis für den Vollzug des BestG erforderlich ist, ist verpflichtet, auf Verlangen unverzüglich Auskunft darüber zu erteilen bzw. entsprechende Unterlagen vorzulegen (Auskunftsrecht, vgl. Art. 3 Abs. 2 BestG) [5].

Totenfürsorge und Kostentragungspflicht

Das Recht zur Totenfürsorge steht den Angehörigen des Verstorbenen zu, grundsätzlich unabhängig von der Erbenstellung. Dies gilt jedoch nur, soweit der Verstorbene nicht andere Personen zur Totenfürsorge bestimmt hat. Der Erbe trägt grundsätzlich die Kosten der Beerdigung des Erblassers (§ 1968 BGB - Bürgerliches Gesetzbuch) [2].

Neuerungen

Todesbescheinigung

Die amtlichen Muster für die Todesbescheinigung, die vorläufige Todesbescheinigung, der Obduktionsschein und der Leichenpass wurden angepasst (siehe Teil B in dieser MMW-Ausgabe).

Krematoriumsleichenschau

Als letztem Bundesland in Deutschland wird (voraussichtlich) ab dem 01.01.2023 auch in Bayern eine verpflichtende zweite Leichenschau vor der Feuerbestattung eingeführt (sogenannte Krematoriumsleichenschau) [6]. In § 17 BestV wird dann geregelt werden, dass die zweite Leichenschau im Krematorium der Einäscherung erfolgt. Zuständig für die zweite Leichenschau wird das Gesundheitsamt sein, in dessen Zuständigkeitsbereich das betreffende Krematorium seinen Sitz hat.

Zur Durchführung kann sich das Gesundheitsamt besonders qualifizierter Ärzte bedienen. Der Nachweis dieser besonderen Sachkunde im Bereich der Leichenschau wird in der Regel über die Teilnahme an speziellen Kursen zur ärztlichen Leichenschau erbracht. Insbesondere Rechtsmediziner und Pathologen gelten dabei primär als qualifiziert.

Leichenschau vor Überführung in das Ausland

Ab 1. Januar 2023 wird auch vor der Überführung des Leichnams in das Ausland eine verpflichtende zweite Leichenschau eingeführt. Dies wird dann in § 8 BestV geregelt werden.

Diskussion

Seit dem Jahr 2017 wurde die BestV sieben Mal geändert. Daraus kann man ableiten, dass das Bestattungswesen einem steten Wandel unterliegt. Zuletzt hat die COVID-19-Pandemie eine Anpassung an neue Herausforderungen, insbesondere im Bereich des hygienischen Umgangs mit potenziell infektiösen Leichen, nötig gemacht (siehe Teil B in dieser MMW-Ausgabe). Da das Bestattungsrecht im Wesentlichen in der Hand der einzelnen Bundesländer liegt, ist gerade beim Umgang mit länderübergreifenden Fragestellungen eine Koordination der einzelnen Landesgesetzgeber sinnvoll. Begrüßenswert ist, dass Bayern (voraussichtlich) ab dem Jahr 2023, als letztes Bundesland, eine zusätzliche Krematoriumsleichenschau einführt. Dies ist ein wichtiger Beitrag, um potenzielle Tötungsdelikte vor vollständiger Vernichtung aller Beweise aufzudecken [7].

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Dr. med. Dipl.-Jur. Univ. Benno Schäffer

Institut für Rechtsmedizin der Universität München