An einem schönen Sonntag wurde ich von der Polizei gebeten, eine Wohnung aufzusuchen, um dort eine Leichenschau vorzunehmen. Bereits am Eingang roch es übel nach allem möglichen: verdorbenes Essen, Schimmel, undefinierbarer Gestank. Ich betrat eine sogenannte Messie-Wohnung.

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Die Einzimmerwohnung war kaum zugänglich. Überall lagen Mengen von Haushaltsgegenständen, alten Flaschen, Elektroschrott, Papier, Essensresten, Kleidung usw. herum. In der Mitte war ein schmaler Gang, gesäumt von hüfthoch gestapelten Zeitungen und Zeitschriften. An Mobiliar waren nur ein Bett und ein Schrank erkennbar, außerdem eine Anrichte, die ebenfalls vollgepackt war.

Was ich nicht sah, war die Leiche, die ich begutachten sollte. Ich fragte die Polizisten. "Gleich da hinten, neben dem Bett", war die Antwort einer jungen Beamtin. Tatsächlich entdeckte ich dort eine Hand und einen Unterarm, die aus den Zeitungen herausragten. Bei näherer Betrachtung zeigte sich etwas tiefer auch der Rumpf, und unter einigen weiteren Zeitungen lugte ein Gesicht hervor.

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© Dieter Schewig / Westend61 / picture alliance (Symbolbild)

Messie-Wohnung (Symbolbild).

Nun brauchte ich erst einmal die Hilfe der Polizisten, um die halb unter dem Bett verkeilte Leiche hervorzuziehen und Platz für eine sachgerechte Leichenschau zu schaffen. Der Leichnam war bereits stocksteif und glücklicherweise noch ohne Madenbefall, roch aber trotz Atemschutzmaske recht unangenehm.

Die Untersuchung lieferte keine verwertbaren Hinweise für eine Todesursache, außer Verwahrlosung und wahrscheinlich Alkoholismus.