Das Urinsammeln über 24 Stunden zur Diagnostik bei Harnsteinleiden ist eine lästige Maßnahme - und möglicher- weise auch eine unnütze, wie Ergebnisse einer großen Kohortenstudie zeigen.

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Die Urolithiasis-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Urologie empfiehlt für Patienten mit hohem Rezidivrisiko eine erweiterte metabolische Diagnostik inklusive zweier 24-Stunden-Sammelurin-Untersuchungen. Die Empfehlung ruht jedoch auf schmaler wissenschaftlicher Evidenz und ist umstritten.

Nun belegt eine Untersuchung auf Basis der Krankenakten von 130.000 US-Veteranen mit Urolithiasis: Patienten mit 24-Stunden-Urin-Untersuchungen hatten kein geringeres Risiko für Steinrezidive als solche ohne diese Diagnostik.

Zur Nutzenbewertung des 24-Stunden-Urins wurden 7.427 Patienten mit einer solchen Diagnostik mit ebenso vielen ohne diese Maßnahme verglichen. Überraschenderweise kam es bei Ersteren in den 5 Jahren nach der ersten Harnsteindiagnose sogar häufiger zu einem zweiten klinisch relevanten Steinereignis, d. h. zum Aufsuchen einer Notfallambulanz, zu einer Klinikaufnahme oder einer interventionellen Therapie (61,2% vs. 54,0%). Auch nach Adjustierung anderer Einflüsse hatten die Patienten mit Sammelurin immer noch ein um 17% und damit signifikant höheres Risiko für ein weiteres Ereignis.

Auch eine Folgeanalyse, in der nur Patienten mit einem zweiten Ereignis berücksichtigt wurden, erbrachte ähnliche Ergebnisse: Von ihnen erlitt über die Hälfte ein drittes Rezidiv, auch hier waren Pa- tienten mit 24-Stunden-Urin häufiger betroffen als Patienten ohne (57,1% vs. 53,3%). Nach vollständiger Adjustierung war das Risiko jedoch für beide Gruppen gleich groß.

Die Vermutung, dass die Sammelurin-Diagnostik keine Wirkung auf das Rezidivrisiko gezeigt habe, weil daraus keine Präventionsmaßnahmen abgeleitet wurden, ließ sich nicht belegen. Im Gegenteil: Bei Patienten mit 24-Stunden-Urin und nachfolgender Verordnung von Thiaziden oder Alkalisalzen war das Risiko sogar noch höher als bei den Patienten ohne diese Maßnahmen (+30%).

Fazit der Autoren: Selbst Hochrisikopatienten haben im Hinblick auf Rezidive keinen Nutzen von der Sammelurin-Dia-gnostik.

Quelle: Song S et al. Urology 2021; doi: 10.1016/j.urology.2021.10.005