Grundschüler mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), die medikamentös behandelt werden, weisen laut einer Datenanalyse eine geringere Suizidalität auf als unbehandelte Kinder. Diese Assoziation war umso deutlicher, je ausgeprägter externalisierende Symptome wie Wutausbrüche oder Aggression waren.

Daten von 11.878 US-amerikanischen Kindern aus der Studie Adolescent Brain Cognitive Development (ABCD) wurden statistisch analysiert. Das mittlere Alter betrug 9,9 Jahre, 52,2% waren Jungen, 74,1% weiß. Bei Studieneinschluss erhielten 8,5% der Kinder eine ADHS-Pharmakotherapie. Eine Suizidalität - entweder aktuell oder in der Vergangenheit - wurde von 8,8% berichtet.

Statistisch signifikant mit Suizidalität assoziiert waren sowohl externalisierende Symptome (Odds Ratio 1,34; p < 0,001) als auch eine ADHS-Pharmakotherapie (Odds Ratio 1,32; p = 0,01). Bei Kindern mit höherer Ausprägung externalisierender Symptome war eine ADHS-Pharmakotherapie statistisch signifikant mit nicht vorhandener Suizidalität assoziiert (p = 0,004). Anders betrachtet war bei Kindern ohne ADHS-Pharmakotherapie eine höhere Ausprägung externalisierender Symptome mit Suizidalität assoziiert (p < 0,001), wobei sich dies nicht bei Kindern zeigte, die eine ADHS-Pharmakotherapie erhielten (p = 0,1). Diese Ergebnisse blieben auch nach der Berücksichtigung verschiedener potenzieller Störfaktoren stabil und waren in den Follow-up-Daten nach einem Jahr replizierbar.

MMW-Kommentar

Die ABCD-Studie ist umfangreich und methodisch stark, aber es sind nur Assoziationen erfassbar, und es erfolgte keine zielgerichtete Untersuchung von Kindern mit ADHS. Die Ergebnisse stützen ein dimensionales Verständnis von psychiatrischen Erkrankungen und bestätigen sowie erweitern die bisherige Evidenz aus Registerstudien. Zudem wird die Wichtigkeit einer frühzeitigen und wirksamen Behandlung der mit diversen Komorbiditäten assoziierten ADHS unterstrichen. Gemäß aktuellen Leitlinien ist diese multimodal durchzuführen, wobei die Pharmakotherapie aufgrund relativ großer Effektstärken einen hohen Stellenwert hat.

Suizidalität ist auch bei Kindern mit ausgeprägter ADHS ein relevanter Symptomkomplex und sollte in der Behandlung unbedingt adressiert und offen angesprochen werden. Hierbei bleibt zu beachten, dass im Kindes- und Jugendalter suizidale Gedanken häufig, Suizidversuche und vollendete Suizide aber eher selten sind.

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Dr. med. K. Mechler

Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim