Im tiefsten Winter hatten wir gerade unsere abendliche Notfallsprechstunde beendet, als ich in einen 15 km weit entfernten Ort im Spessart gerufen wurde. Die 62-jährige Patientin klagte über Herzrasen und Atemnot, hatte schon die Sanitäter gerufen und wollte mich dabeihaben. Ich war etwas aufgeregt bei der Vorstellung, einen kardiologischen Notfall allein managen zu müssen.

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Bei Dunkelheit fuhr ich - damals noch allein - in unserem sportlichen roten Polo los. Es begann zu schneien. Mein Weg führte mich mehrere hundert Höhenmeter hinauf durch den Wald. Dichter werdender Schneefall zwang mich, vorsichtig zu fahren. An einer Wegkreuzung, wo eine kleine Kapelle aus Buntsandstein steht, machte ich Halt und entschied mich für die rechte Abzweigung, eine Nebenstrecke, die jedoch deutlich kürzer ist. Ich fuhr sehr langsam, denn die Schneeflocken fielen sehr dicht im Scheinwerferlicht auf den Boden. Niemand sonst war unterwegs, alles wirkte still und friedlich.

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Plötzlich lief ein Fuchs von links nach rechts über die Straße und verschwand wieder im Dickicht. Und kurz danach hoppelte ein Hase von rechts nach links durch meinen Scheinwerferkegel. "Das gibt's doch nicht!" sagte ich laut zu mir selbst. "Das ist ja wie im Märchen - hier sagen sich Fuchs und Hase gute Nacht!"

Beeindruckt setzte ich langsam meinen Weg fort und fand meine Patientin bereits gebessert vor. Die Herzbeschwerden waren abgeklungen, die Sanitäter waren schon wieder weg und hatten einen EKG-Streifen mit Normalbefund zurückgelassen. Wir sprachen noch kurz über die Medikation - dann machte ich mich auf den Rückweg durch diese wundersame winterliche Stimmung.