Die Rolle von Kindern in der COVID-19-Pandemie wird noch immer kontrovers diskutiert. Nun zeigt eine große Studie aus Kanada, dass infizierte Kinder oft Eltern und Geschwister anstecken - und dass das größte Risiko von den ganz Kleinen ausgeht.

Die populationsbasierte Kohortenstudie wurde von Juni bis Dezember 2020 in Ontario durchgeführt. Mittels PCR-Testung wurden in 89.191 Haushalten Indexfälle bei Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahre identifiziert. Haushalte mit mehr als einem Indexfall wurden ausgeschlossen. So wurden 6.280 (7%) Haushalte für die Analyse ausgewählt, in denen binnen 14 Tagen nach der Diagnose des Indexfalls untersucht wurde, ob eine Sekundärtransmission auf andere Mitglieder des Haushalts erfolgt war.

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Hier ist eine Keimübetragung kaum zu vermeiden.

Das mittlere Alter der Indexkinder betrug 10,7 Jahre, 45,6% waren weiblich. Sie wurden in vier Altersgruppen eingeteilt: 12% waren im Alter von 0-3 Jahren, 20% waren 4-8, 30% waren 9-13 und 38% waren 14-17 Jahre alt. In den beiden mittleren Altersgruppen waren symptomatische Erkrankungen etwas seltener (65,5% bzw. 68,9%) als bei den ganz Kleinen (76,5%) und den Jugendlichen (78%).

In 1.717 Haushalten (27,3%) konnte eine Übertragung auf mindestens eine weitere Person nachgewiesen werden. Die Transmissionsrate war bei den 14- bis 17-Jährigen am niedrigsten. Im Vergleich dazu war sie bei den 9- bis 13-Jährigen 1,13-fach erhöht, bei den 4- bis 8-Jährigen 1,4-fach und bei den Kindern unter 4 Jahren 1,43-fach. Diese Unterschiede bestanden unabhängig davon, ob die Indexpatienten Symptome hatten oder ob sie die Schule oder den Kinderhort besuchen konnten.

Quelle: Paul LA, Daneman N, Schwartz KL. Association of age and pediatric household transmission of SARS-CoV-2 infection. JAMA Pediatrics 2021, online 16. August, doi: 10.1001/jamapediatrics.2021.2770

MMW-Kommentar

Entgegen der häufig geäußerten Meinung können Kinder durchaus Überträger von SARS-CoV-2 sein.

Die höhere Transmissionsrate bei jüngeren Kindern dürfte darauf zurückzuführen sein, dass sie einen engeren Kontakt zu Eltern, Geschwistern oder anderen Haushaltsmitgliedern haben und die Hygieneregeln (Atemschutz, Abstand, Händewaschen) nur schwer eingehalten werden können.

Die Daten sind ein Indiz dafür, dass darauf spätestens dann geachtet werden mus, wenn Kinder COVID-19-Symptome zeigen oder positiv getestet werden.

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Prof. em. Dr. med. Dr. h. c. D. Reinhardt

Kinderklinik und Kinderpoliklinik im Haunerschen Kinderspital, München