Falsch positive Befunde sind ein Problem, das bei Screenings vorkommen kann, mit denen Krebserkrankungen möglichst früh aufgespürt werden sollen. Wie Falsch-Positiv-Raten einzuordnen sind und was Frauen über die Bedeutung solcher Befunde im Mammografiescreening wissen, war Thema beim diesjährigen Senologiekongress.

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Brustkrebs ist bei Frauen das häufigste Tumorleiden. Jedes Jahr erkranken in Deutschland 48.000 Frauen, rund 18.000 sterben daran.

Wer bei einer Screeninguntersuchung einen auf- fälligen Befund bescheinigt bekommt, lebt bis zur Abklärung in der Angst, an Krebs erkrankt zu sein. Ein Teil der Patientinnen wird nach Abschluss der Diagnostik entwarnt: Sie hatten einen falsch positiven Befund. In der Diskussion über Screeningprogramme sind solche Befunde und ihre Konsequenzen ein wichtiger Punkt. Denn abgesehen von den diagnostischen Zusatzmaßnahmen sowie der Verunsicherung der Betroffenen können falsch positive Testergebnisse auch zu unnötigen Therapien führen.

Quelle: Vorträge bei der 40. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie e. V.

Statistische Grundlagen zusammengefasst

Die Falsch-Positiv-Rate wird von der Spezifität eines Testes bestimmt und hängt direkt mit der Mess- größe des positiven prädiktiven Wertes (PPV) zusammen, wie Prof. Alexander Katalinic, Direktor des Instituts für Sozialmedizin und Epidemiologie der Universität Lübeck, rekapitulierte. Ein hoher PPV ist mit einer niedrigen Falsch-Positiv-Rate assoziiert.

Falsch positive Befunde im Screening komplett zu vermeiden, wäre zwar wünschenswert, ginge aber aufgrund der Überschneidung der Messwertverteilungen von Gesunden und Kranken zu stark zu Lasten der Sensitivität. "Die Einstellung von Sensitivität und Spezifität erfordert eben eine Nutzen-Schaden-Abwägung", so Katalinic.

Auf Vortestwahrscheinlichkeit achten!

Die Falsch-Positiv-Rate werde von der Vortestwahrscheinlichkeit beeinflusst. Zwei Beispiele: Wenn, wie in einer Brustkrebs-Sprechstunde, die Vortestwahrscheinlichkeit erwartungsgemäß hoch ist, beispielsweise 50%, würden bei einer Testsensitivität von 98% und -spezifität von 96% von 200 Frauen nur vier - also 2% - einen falsch positiven Befund erhalten. Der PPV erreicht 96%.

Im Setting des Mammografiescreenings mit einer erwartungsgemäß niedrigen Prävalenz von 0,8% erhalten bei derselben Sensitivität und Spezifität 558 von 12.500 gescreenten Frauen einen falsch positiven Befund, also 4% der Teilnehmerinnen. Damit ist die Falsch-Positiv-Rate doppelt so hoch wie im Setting der Brustkrebs-Sprechstunde. Der PPV sinkt auf 15%.

Doch damit nicht genug, das Wiederholen der Screeninguntersuchung hat ebenfalls Einfluss auf die Falsch-Positiv-Rate, wie Katalinic erklärte. Wenn bei einmaligem Screening 4% der Tests falsch positiv ausfallen, liegt bei zehnmaligem Screening im Zwei-Jahres-Abstand die Wahrscheinlichkeit eines falsch positiven Testergebnisses bei 37%, bei 20-maligem Screening im jährlichen Abstand sogar bei 60%.

Mit einem PPV von 15% schneide das Mammografiescreening ähnlich ab wie andere Screeeningprogramme, so Katalinic.

Wahrnehmung in der Öffentlichkeit

Wie ist es um die öffentliche Wahrnehmung des Nutzens des Mammografiescreenings bestellt? "Die meisten Internetnutzer, 65%, können die Qualität der vorhandenen Informationen nur schwer beurteilen", wie Dr. Karin Bock, Leiterin des Referenzzentrums Mammografie SüdWest, mit Verweis auf eine Emnid-Umfrage aus dem Jahr 2017 betonte. Auch am Verständnis fehle es oft, wie ein vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) durchgeführter Nutzertest der Broschüre "Mammografiescreening - Eine Entscheidungshilfe" zeigte. Unter anderem wurde dabei der Begriff "Überdiagnose" abgefragt, so Bock. Vor Lektüre der Broschüre hatten nur 13% der 50- bis 69-Jährigen und 12% der 47- bis 49-Jährigen die korrekte Antwort angekreuzt. Mehr als die Hälfte der Frauen in beiden Altersgruppen hatten dem Begriff Überdiagnose die Definition der "falsch positiven Diagnose" zugeordnet. Nach Lektüre der Broschüre wussten in beiden Gruppen immerhin etwas mehr als die Hälfte der Befragten die Begriffe korrekt zu definieren.

Für eine gute Akzeptanz des Mammografie- screenings empfahl Bock dringend, im Arzt-Pa- tienten-Gespräch wichtige Begriffe verständlich zu erklären und ausführlich zu besprechen.