Wie hängen Tinnitus und psychische Probleme - etwa Depressionen und Ängste - sowie Schlafstörungen zusammen? Und welche Rolle spielt dabei das Hörvermögen?

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© Aleksej Sarifulin, iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

5-15% der deutschen Bevölkerung leidet unter Tinnitus.

Zur Klärung dieser Fragen hat ein Forscherteam die Daten der Rotterdam Study in Form einer Querschnitt- und auch als Longitudinalstudie ausgewertet.

An der Querschnittstudie nahmen 5.418 Frauen und Männer (> 40 Jahre) teil. Davon gaben 2% störende Tinnitussymptome an. Knapp 20% hatten zwar Ohrgeräusche, diese beeinträchtigten aber nach eigener Auskunft ihren Alltag nicht.

In allen drei validierten Fragebögen - der Center for Epidemiologic Studies Depression Scale (CES-D), der Subskala für Angst der Hospital Anxiety and Depression Scale (HADS-A) und dem Pittsburgh Sleep Quality Index (PSQI) - hatten Patienten mit "störenden" Tinnitussymptomen signifikant schlechtere Werte als Teilnehmer ohne Tinnitus und als diejenigen mit nicht störenden Ohrgeräuschen. Überraschenderweise hatte aber die Gruppe mit nicht störendem Tinnitus in allen drei Fragebögen auch signifikant schlechtere Ergebnisse als die Gruppe ohne Ohrgeräusch.

Der Zusammenhang zwischen Tinnitus und psychischen Störungen galt bei Schwerhörigkeit (≥ 25 dB verringerte Hörleistung) sowie bei normalem Hörvermögen. In letzterem Fall war die Assoziation sogar noch etwas stärker. Warum, können die Studienautoren nicht erklären: "Es könnte sein, dass bei Menschen ohne Hörprobleme andere neuronale Pfade an der Entstehung von Tinnitus beteiligt sind und dass diese sogar stärker mit psychischen Störungen verknüpft sind."

Im Rahmen der Longitudinalstudie konnten die Forscher keinen Kausalzusammenhang nachweisen. Im Verlauf von median viereinhalb Jahren ergab sich keine signifikante Assoziation. Immerhin zeichnete sich bei den insgesamt 975 Teilnehmern ein Trend zu höheren Werten in allen drei Fragebögen für die Teilnehmer mit jeglichem Tinnitus (störend oder nicht störend) ab. Innerhalb der Tinnitusgruppe veränderten sich die Werte im Beobachtungszeitraum jedoch kaum.

Fazit der Autoren: Bei Tinnituspatienten sollte in der primärärztlichen Praxis deutlich mehr auf psychische Probleme geachtet werden, auch, wenn die Ohrgeräusche gar nicht als so beeinträchtigend empfunden werden.

Quelle: Oosterloo BC et al. JAMA Otolaryngol Head Neck Surg. 2021; doi:10.1001/jamaoto.2021.1049