Gebrechlichkeit ("Frailty") und Infektionen können sich wahrscheinlich wechselseitig triggern und verstärken. Impfungen nützen daher möglicherweise über den Infektionsschutz hinaus.

Menschen mit Gebrechlichkeit sind anfälliger für Infektionen und entwickeln eher schwere Verläufe und Komplikationen als Gleichaltrige, die keine verminderte Resistenz gegen Stressoren aufweisen. Gleichzeitig scheint das Auftreten von Infektionen die Entwicklung von Frailty bzw. ihren Komponenten noch zu befeuern, wie Alternsforscher um Davide Vetrano vom Stockholmer Karolinska-Institut herausgefunden haben. Sie haben 29 Studien mit 113.900 Patienten zum Einfluss von Infektionen mit Pneumokokken, Influenza und Herpes Zoster ausgewertet. Speziell zum Endpunkt Frailty fand sich zwar nur eine Studie, und die zudem mit neutralem Ergebnis. Insgesamt ergab sich aber eine "mittelstarke Evidenz" für einen Zusammenhang zwischen ansteckenden Erkrankungen und physischem wie kognitivem Abbau - zwei zentralen Dimensionen von Frailty. Die Forscher gehen davon aus, dass "die Wechselwirkung von Infektionen und Gebrechlichkeit in einem Teufelskreis den Alterungsprozess beschleunigen kann".

Verschärft wird das Problem dadurch, dass gebrechliche Personen wahrscheinlich schlechter auf Impfungen ansprechen. Ein solcher Zusammenhang ist in 13 Studien mit 34.500 Patienten untersucht worden. Dabei fand sich eine gewisse Evidenz, dass Grippegeimpfte mit Frailty weniger gut vor Influenza geschützt sind, und eine etwas stärkere Evidenz, dass bei Gebrechlichkeit die Immunantwort auf eine Pneumokokkenimpfung abgeschwächt ist. Ursächlich dafür ist vermutlich eine verstärkte Immunseneszenz, also ein Zustand mit beeinträchtigter Funktion des Immunsystems und niedriggradiger Dauerentzündung.

Weniger Infektionsrisiken = mehr Lebenszeit

Aufgrund dieser Daten halten es die Studienautoren für "plausibel, dass die Reduktion von Infektionsrisiken und -folgen die Entwicklung von Gebrechlichkeit verlangsamt und die Zahl der Lebensjahre mit guter Gesundheit erhöht". Das Verhindern von Frailty könne wiederum dazu beitragen, das Immunsystem in einem guten Zustand zu erhalten. Sollten sich diese Zusammenhänge bestätigen, dürfte die Adhärenz zu Impfempfehlungen - im Alter, aber auch schon vorher! - nicht nur vor Infektionen schützen, sondern könnte auch den Beginn von Frailty und Immunseneszenz hinauszögern.

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Quelle: Vetrano DL et al. Ageing, Research Reviews 2021; doi: 10.1016/j.arr.2021.101351