20 Euro bekommen Vertragsärzte für eine Impfung gegen COVID-19. Dafür müssen sie erstaunlich viel Beratung und Bürokratie leisten. Ganz inadäquat wird die Abrechnung, wenn der Patient sich gar nicht impfen lässt: Um hier nicht quasi leer auszugehen, muss man sich etwas einfallen lassen.

Das umfangreiche Leistungspaket für die COVID-19-Impfung ist von Anfang an potenziell zu niedrig bewertet. Doch in der Realität steigt der Beratungsaufwand auch noch mit jedem Monat: Priorisierung und Altersgrenzen wurden aufgehoben, der Impfabstand beim AstraZeneca-Vakzin verkürzt, vollständig Geimpfte können unter geringeren Auflagen in den Urlaub fahren - all dies muss erklärt werden. Das Honorar von 20 Euro deckt spätestens dann den Mehraufwand nicht mehr ab. Hinzu kommen noch erhöhte Aufklärungsauflagen der Politik, v. a. bei der Applikation des Impfstoffs von AstraZeneca.

MMW-Kommentar

§ 1 Abs. 2 der aktuellen Coronavirus-Impfverordnung definiert den Umfang der Aufklärung und Impfberatung. Ärzte müssen über den Nutzen der Schutzimpfung und über COVID-19 informieren, die Anamnese einschließlich der Impfanamnese erheben, mögliche Kontraindikationen erfragen, akute Erkrankungen und Allergien ausschließen, über mögliche Nebenwirkungen und Komplikationen sowie Eintritt und Dauer der Schutzwirkung informieren. Auch Hinweise zu Folge- und Auffrischimpfungen sowie zum Verhalten direkt nach der Impfung dürfen nicht fehlen.

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Er ist skeptisch und geht heute ohne Impfung nach Hause.

Zur Abrechnung stehen den Hausärzten die bundeseinheitlichen Pseudoziffern 88 331-88 340 zur Verfügung. Will ein Patient sich nicht sofort impfen lassen und möchte zunächst eine Impfaufklärung, steht bundesweit die Pseudoziffer 88 322 zur Verfügung, die allerdings nur abgerechnet werden kann, wenn der Betreffende nicht im gleichen Krankheitsfall - also im aktuellen oder den drei folgenden Quartalen - in der gleichen Praxis geimpft wird.

Wird er doch noch in der Praxis geimpft, entfällt die Nr. 88 322 dagegen. Da mit einer Änderung dieser Regelung nicht zu rechnen ist, stellt sich die Frage, wie man den Beratungsaufwand alternativ berechnen kann. Je nach der Art der Beratung kommen drei EBM-Leistungen in Betracht:

  • Die Nr. 01 434 ist zunächst noch bis 30. September 2021 bei einer telefonischen Impfberatung von mindestens 5 Minuten möglich, wenn das Gespräch im Zusammenhang mit einer Erkrankung und der Frage steht, ob eine Impfung deshalb durchgeführt werden kann.

  • Gleiches gilt für die Nr. 03 230, wenn das Gespräch in der Praxis stattfindet und mindestens 10 Minuten dauert. Gerade die Erörterung der Thrombosegefahr dürfte als Anlass für ein "problemorientiertes Gespräch, das aufgrund von Art und Schwere der Erkrankung erforderlich ist", gelten.

  • Besteht ein erhöhter Gesprächsaufwand wegen einer Impfphobie, käme der Ansatz der Nr. 35 110 in Betracht.

Lässt sich der Betreffende nicht in der Praxis, sondern an anderer Stelle - z. B. in einem Impfzentrum - impfen, kann die Berechnung der Nr. 88 322 verbleiben. Wird eine Priorisierungsbescheinigung benötigt, kann zusätzlich die bundeseinheitliche Pseudoziffer 88 320 berechnet werden.

In der Gesamtbetrachtung ist noch beachtenswert, dass die Beratungsleistungen nach den Nrn. 88 322 und 01 434 extrabudgetär vergütet werden, während die Leistungen nach den Nrn. 03 230 und 35 110 budgetiert sind.

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Dr. med. Gerd W. Zimmermann

Facharzt für Allgemeinmedizin Kapellenstr. 9 D-65719 Hofheim