Interessante Kasuistik -- Wie wichtig es ist, auch bei alten Patienten an die Möglichkeit einer HIV-Neuinfektion über Geschlechtsverkehr zu denken oder über injizierbare Drogen zu reden, zeigt ein Fall, der beim europäischen Kongress für klinische Mikrobiologie und Infektionskrankheiten (ECCMID) vorgestellt wurde. Bei einem 83-Jährigen - wegen Fieber und Gewichtsverlust in ein Krankenhaus eingewiesen - wurde nach Laborbefunden und Echokardiografie eine bakterielle Endokarditis vermutet und der Patient erhielt eine 8-Wochen-Antibiotikatherapie.

Weil sich der Zustand des Mannes weiter verschlechterte, wurde er auch auf eine HIV-Infektion getestet. Dabei ergab sich eine hohe Viruslast (180.000 Kopien/ml) und mit einer CD-4-Zellzahl von 182/µl die Diagnose AIDS. Die Ursache der Infektion ließ sich nicht ermitteln; der verheiratete Mann bestritt außereheliche sexuelle Kontakte ebenso wie das Spritzen von Drogen. Nach Einschätzung der Ärzte hatte er sich im Alter über 70 infiziert. Unter einer antiviralen Tripletherapie konnte die Viruslast innerhalb eines Jahres unter die Nachweisgrenze gedrückt werden, inzwischen hat der Patient in gutem Zustand seinen 85. Geburtstag gefeiert.

"Dieser Fall ist ein Reminder, dass Senioren nicht immun sind gegen HIV", sagte der Arzt, der die Kasuistik präsentierte. Obwohl das Lebensalter der Erstdiagnose Jahr für Jahr steige, widerstrebe es vielen Ärzten, älteren Patienten einen HIV-Test anzubieten. Das führe dazu, dass ältere Infizierte die Diagnose oft sehr spät erhielten und damit schlechtere Überlebenschancen hätten.

Quelle: ePoster Dr. Enrique Garcia Carús, 31. ECCMID, 9.-12. Juli 2021