Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) - Morbus Crohn und Colitis ulcerosa - werden in vielen Fällen immer noch verzögert diagnostiziert; denn es gibt keinen Parameter, der diese Diagnose beweist oder eindeutig ausschließt. Die Diagnostik entspricht vielmehr einem Puzzle.

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Endokopieaufnahme des Dickdarms bei Colitis ulcerosa.

Nicht selten manifestiert sich die CED primär extraintestinal und die Symptome können der Darmsymptomatik sogar vorausgehen. "Auch bei einer Arthritis, einem Pyoderma gangraenosum, einer Uveitis, einem Erythema nodosum, einer aphthösen Stomatitis und einer primär sklerosierenden Cholangitis sollte man immer an eine CED denken und eine weitere Dia-gnostik veranlassen", erläuterte Prof. Raja Atreya, Oberarzt an der gastroenterologischen Universitätsklink Erlangen auf dem diesjährigen DGIM-Kongress. 30 Jahre nach der Diagnosestellung zeigt jeder zweite Patient eine extraintestinale Manifestation.

Quelle: DGIM-Kongress 2021

Was empfiehlt die Leitlinie?

Nach der Leitlinie sollte die Diagnose CED auf dem Boden einer Kombination von Anamnese, klinischer Untersuchung, typischen Laborwerten (CRP und fäkales Calprotectin), sonografischen, endoskopischen und histologischen Befunden gestellt werden. Bei Zweifel bezüglich der endoskopischen und/oder histologischen Diagnose sollte die Endoskopie mit Biopsien nach 3-6 Monaten wiederholt werden.

450.000 Patienten in Deutschland leiden laut Experten-schätzungen unter Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa.

Anamnese kann richtungsweisend sein

Bei intestinalen Symptomen, vor allem bei der differenzialdiagnostischen Abklärung einer anhaltenden Diarrhö, ist insbesondere die Reise- und Medikamentenanamnese sehr wichtig; denn auch Infektionen, Nahrungsmittelallergien und Medikamente, vorwiegend Antibiotika und NSAR, können ähnliche Läsionen im Darm verursachen. Auch an eine Darmtuberkulose sollte man denken. Diagnoseweisend können beim Morbus Crohn auch perianale Abszesse, Fisteln und Analfissuren sein.

Was die klinische Symptomatik betrifft, so ist eine zuverlässige Differenzierung zwischen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa kaum möglich. Doch Blutabgänge und Anämie sind bei der Colitis ulcerosa häufiger als beim Morbus Crohn, Bauchschmerzen, Fisteln, Gewichtsverlust und Fieber aber deutlich seltener. "Insgesamt korreliert die Intensität der Symptome aber nicht mit dem Schweregrad der endoskopischen Veränderungen", so Atreya.

Auch die Histologie nicht immer eindeutig

Im zweiten Schritt sollte bei der Erstdiagnostik und bei einer Schubsymptomatik im Verlauf immer eine mikrobiologische Stuhldiagnostik auf bakterielle Erreger inklusive Clostridium-difficile-Toxin durchgeführt werden. Bei Patienten mit einer entsprechenden Reiseanamnese empfiehlt sich eine ergänzende Diagnostik bezüglich landestypischer Erreger.

Wenn solche Infektionen ausgeschlossen sind, erfolgt die Koloskopie mit Inspektion des terminalen Ileums. Dabei sollten nicht nur vereinzelte Biopsien, sondern segmentale Biopsien entnommen werden. "Wenn der Pathologe weitere klinische und endoskopische Informationen erhält, kann damit die diagnostische Ausbeute um ein Drittel gesteigert werden", so Atreya. Bei einer nicht eindeutig zu klassifizierender Kolitis sollte eine Ösophago-Gastro-Duodenoskopie mit Biopsien und eine Dünndarmdiagnostik mittels MRT und/oder abdomineller Sonografie erfolgen.

Entzündungsmarker als wichtiger Baustein

Und welchen Stellenwert haben die Entzündungsmarker? Weder mit dem CRP noch mit dem Calprotectin oder dem Lactoferrin im Stuhl kann eine CED sicher ausgeschlossen oder nachgewiesen werden. Der CRP-Wert ist weder ausreichend sensitiv noch spezifisch, da er auch bei anderen entzündlichen Erkrankungen erhöht sein kann. Er ist auch nicht exklusiv für eine intestinale Inflammation. Die beste Aussagekraft hat das Calprotectin mit einer Sensitivität von fast 90% und einer Spezifität von fast 80%. Insgesamt besteht aber keine gute Korrelation zwischen den Biomarkern CRP und Calprotectin sowie der endoskopischen Aktivität der Erkrankung. Das Calprotectin erlaubt auch eine gewisse prognostische Aussage dahingehend, dass ein zweimaliger Nachweis eines erhöhten Wertes (> 300 mg/kg) im Intervall von 1 Monat ein zuverlässiger Prädiktor für ein Rezidiv ist.