Diabetespatienten sind bei einer SARS-CoV-2-Infektion überdurchschnittlich gefährdet. Schutz vor schweren Verläufen bietet außer der Impfung eine optimale Diabetestherapie inklusive Lebensstilmaßnahmen und im Akutfall die schnelle Normalisierung einer Hyperglykämie.

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Adipöse Diabetiker haben ein deutlich erhöhtes Risiko für COVID-bedingte Hospitalisierungen und schwere Verläufe.

Diabetes ist für den Verlauf einer COVID-19-Erkrankung "ein weitaus stärkerer Risikofaktor, als es kardiovaskuläre Erkrankungen sind", betonte Prof. Naveed Sattar von der Universität Glasgow bei der Jahrestagung der American Diabetes Association (ADA). Von der Exzessmortalität durch die Corona-Pandemie sei weltweit ein überproportionaler Anteil auf Diabetespatienten entfallen. Gefährdet sind sowohl Typ-1- als auch Typ-2-Patienten: Das Risiko für eine Intensivbehandlung oder an Corona zu versterben ist nach nationalen Datensätzen, etwa aus England, Schottland oder Schweden, bei Typ-1-Diabetes (T1D) rund zwei- bis viermal und bei Typ-2-Diabetes (T2D) zwei- bis fünfmal so hoch wie bei vergleichbaren Patienten ohne Diabetes. Während T2D das Risiko vor allem bei jüngeren Patienten steigert, gewinnt T1D als Risikofaktor mit zunehmenden Alter und fortschreitender Erkrankung an Bedeutung.

"Diabeteskomplikationen verhindern schützt"

Die schlechte Prognose zeigte sich in den Studien insbesondere bei Diabetikern mit erhöhten HbA1c-Werten, Übergewicht, Blutzuckerentgleisungen in der Vorgeschichte, schlechterer Nierenfunktion sowie mikro- und makrovaskulären Schäden. "Das heißt, Diabeteskomplikationen zu haben, erhöht das Risiko für schwere COVID-Verläufe", so Sattar. Gerade in der Pandemie komme es daher darauf an, dass die Qualität der Diabetesversorgung nicht nachlasse. "Wir müssen Diabeteskomplikationen verhindern und die üblichen Risikofaktoren wie Dyslipidämie, Hypertonie und Nierenschäden behandeln. Das bewahrt die Patienten vor schweren COVID-Verläufen. Komplizierter ist es nicht." Mit welchen Antidiabetika behandelt wird, spielt nach Einschätzung von Sattar keine Rolle. Studienergebnisse, wonach Metformin mit einer günstigeren und Insulin mit einer schlechteren COVID-Prognose verknüpft ist, spiegelten wahrscheinlich eher das Stadium der Diabeteserkrankung und das damit verbundene Risiko wider.

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© xmartinfredy , Stock Adobe

Ein Bericht vom virtuellen ADA-Kongress, 25. bis 29. Juni 2021

Wichtig ist laut Sattar im Hinblick auf COVID, "bei der Therapie die Lebensstilfaktoren nicht zu vergessen". Er warnte vor allem vor den Konsequenzen der Adipositas. Starkes Übergewicht sei bei COVID ein noch bedeutsamerer Risikofaktor für einen schweren Verlauf als bei einer Influenza oder einem akuten Atemnotsyndrom. Das Risiko für eine COVID- bedingte Hospitalisierung steigt z. B. mit jeder BMI-Einheit um 14%. Patienten mit erfolgreicher bariatrischer Op. haben dagegen ein deutlich reduziertes Risiko für stationäre und intensivmedizinische Behandlungen. Als Ursachen der schlechten Prognose von adipösen Menschen gelten u. a. reduzierte Lungen- und Nierenfunktion, vaskuläre Probleme, Inflammation und erhöhte Thromboseneigung.

Insulininfusionen verbessern Prognose

Wenn Diabetiker akut an COVID-19 erkrankt sind, ist der Blutzuckerspiegel ein entscheidender Risikofaktor: Eine Hyperglykämie ist insbesondere bei Klinikaufnahme mit einer schlechteren Prognose verknüpft. In einer retrospektiven Studie lag die Mortalität von Patienten mit BZ-Werten > 180 mg/dl bei 11%, Patienten mit niedrigeren Spitzenwerten hatten dagegen eine 99%-ige Chance zu überleben []. Prof. Antonio Ceriello vom IRCCS Multimedica in Mailand erinnerte daran, dass dieser Zusammenhang auch und noch ausgeprägter bei Nichtdiabetikern mit COVID zu beobachten ist. Dass eine Hyperglykämie bei akuter schwerer Erkrankung mit einer erhöhten Mortalität einhergeht, ist an sich nichts Neues. Laut Cerielleo fördert bei COVID-Patienten nicht nur der Zytokin-Sturm, sondern auch der Befall der Betazellen durch SARS-CoV-2 die Entstehung einer Hyperglykämie, die dann wiederum die Entstehung von Thrombosen und Organschäden vorantreibt.

Für den Mailänder Arzt ist eine rasche Korrektur der Hyperglykämie der Schlüssel zu einer besseren Prognose. Sein Appell: "Optimieren Sie die Blutzuckerkontrolle von Diabetespatienten mit COVID, um ihre Überlebenschancen zu erhöhen!"

Literatur: Zhu et al. Cell Metabol 2020; doi: 10.1016/j.cmet.2020.04.021