Der Effekt einer Vitamin-D-Supplementierung auf Erkältungskrankheiten wurde randomisiert, placebokontrolliert und doppelt verblindet untersucht. Das Ergebnis weist eindeutig in eine Richtung.

2014 und 2015 wurden in Australien 21.315 Teilnehmer zwischen 60 und 84 Jahren rekrutiert, von denen jeweils die Hälfte monatlich einmal 60.000 IE Cholecalciferol oral oder Placebo erhielt. Die Einnahme lief über bis zu fünf Jahre. Nicht eingeschlossen wurden Personen, die an Hyperkalzämie, Hyperparathyreoidismus, Nierensteinen o. ä. litten oder regelmäßig > 500 IE Vitamin D einnahmen. Die Ausgangs-Vitamin-D-Spiegel wurden nicht gemessen, sondern mittels mathematischem Modeling berechnet.

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Ein Schnupfen wird mit Vitamin D wohl nicht verhindert.

Von 15.373 Teilnehmern konnten Dokumentationen zur Anzahl der Tage mit Erkältung, laufender Nase, Grippe oder Halsschmerzen ausgewertet werden. Von 2.598 vorher zufällig ausgewählten Personen lag außerdem ein in den Wintermonaten geführtes Tagebuch zu 13 definierten Symptomkomplexen vor. Blutproben wurden jährlich von 450 zufällig ausgewählten Teilnehmern gesammelt.

31% der Gesamtgruppe hatte in einer achtwöchigen Winterperiode einen Infekt gehabt. Die Vitamin-D-Einnahme führte zu keiner Veränderung der Häufigkeit (Odds Ratio 0,98; 95%-Konfidenzintervall 0,93-1,02), auch nicht unter den Tagebuch führenden Probanden (0,98; 0,83-1,15). Die Vitamin-D-Gruppe hatte aber im Schnitt 0,5 Tage kürzer Symptome und 0,4 Tage weniger schwere Symptome.

Quelle: Pham H, Waterhouse M, Baxter C et al. The effect of vitamin D supplementation on acute respiratory tract infection in older Australian adults: an analysis of data from the D-Health Trial. Lancet Diabetes Endocrinol. 2021;9:69-81

MMW-Kommentar

Eine interventionelle Hochdosisgabe von Vitamin D wird im Zusammenhang mit COVID-19 gerade intensiv diskutiert. Dem liegt die bereits länger gehegte Annahme zugrunde, dass Vitamin D zu einer Verringerung von respiratorischen Infekten führen könnte. Doch wie sieht es mit dem breiten Einsatz des "Sonnenhormons" in der Allgemeinbevölkerung aus, um schwere Verläufe respiratorischer Infekte gar nicht erst entstehen zu lassen? Dazu gibt es keine einheitliche Datenlage.

Die vorliegende Studie ist eine der ersten großen Interventionsstudien, die respiratorische Effekte, wenn auch tertiär, als Endpunkt angesehen haben. Niemand wird hier große Sprünge erwartet haben, zu komplex ist das immunologische Gefüge und zu vielfältig die Effekte von Vitamin D. So verwundert das Ergebnis nicht. Da nützt aber leider auch die Einschränkung nicht, dass die initialen Vitamin-D-Spiegel nicht gemessen, sondern per Modellrechnung prädiziert - also angenommen wurden.

Nun steht außer Frage, dass wir einen manifesten Vitamin-D-Mangel < 30 nmol/l therapeutisch auszugleichen versuchen müssen. Welche Effekte wir damit aber erzielen, bleibt zumindest für die Infektanfälligkeit der Atemwege weiterhin unklar. Wir lernen zumindest, dass eine Supplementierung mit 60.000 IE Colecalciferol einmal monatlich die 25(OH)D-Spiegel deutlich anheben (hier von 114,8 auf 77,5 nmol/l) und dass Nebenwirkungen bei dieser Dosis wohl nicht gehäuft auftreten - zumindest wenn man Risikopatienten ausschließt.

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Prof. Dr. med. T. Skurk

Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin, TU München, Freising