Dreimal Serokonversion trotz PrEP-Einnahme in einer deutschen Studie mit 900 Teilnehmern: Wie es dazu kommen konnte und welche Lehren man aus den Fällen ziehen kann, erklärt Prof. Hans Jürgen Stellbrink, Hamburg.

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Trotz PrEP mit HIV infiziert - in einer Studie waren drei junge Männer betroffen.

Wer die Präexpositionsprophylaxe (PrEP) vorschriftsmäßig anwendet, kann sich im Prinzip sicher sein, dass er vor einer HIV-Infektion geschützt ist. Dennoch gibt es in der Literatur einzelne Fälle, in denen von einer Serokonversion trotz Einnahme des Kombinationspräparats TDF/FTC (Tenofovirdisoproxil/Emtricitabin) berichtet wird. Die Inzidenzen reichen in klinischen Studien von 0,11 bis 0,81 pro 100 Patientenjahre.

Um herauszufinden, wie es zu solchen Ereignissen kommt, hat Prof. Hans Jürgen Stellbrink vom Infektionsmedizinischen Centrum Hamburg (ICH) die Daten von 901 PrEP-Nutzern analysiert. In der retrospektiven Studie fanden sich zwischen 1. Januar 2017 und 31. Dezember 2020 drei Fälle, in denen nach Beginn der PrEP eine Serokonversion stattgefunden hatte. In allen drei Fällen handelte es sich um Männer, die Sex mit Männern hatten (MSM).

Quelle: 10. Deutsch-Österreichischer AIDS-Kongress (DÖAK), 25.-27. März 2021; Online-Veranstaltung

Fall 1

Der erste Patient, ein 25-jähriger Mann, hatte die PrEP kontinuierlich eingenommen, der letzte negative HIV-Test lag bei Einnahmebeginn jedoch bereits 20 Tage zurück. Wie sich herausstellte, hatte der Patient in der Zwischenzeit einen Risikokontakt gehabt. Bei der HIV-Diagnose befand er sich im Fiebig-Stadium II und zeigte keine klinischen Symptome. Die Helferzellen lagen deutlich über 1000/µl, die CD4+/CD8+-Ratio war noch im Normbereich.

Fall 2

Hier hatte ein 32-Jähriger seit acht Monaten seine PrEP "on demand" angewendet. Obwohl der letzte negative HIV-Test vor Einnahmebeginn nur sieben Tage zurücklag, bestand bei Diagnose bereits ein Fiebig-Stadium V im Western-Blot mit einer Viruslast von 3 Mio. Kopien/ml. Die Infektion war wohl auf die inkorrekte Einnahme der Tabletten zurückzuführen. Zum HIV-Test kam der Patient aufgrund der klinischen Symptomatik mit Fieber, Halsschmerzen, Husten und Nachtschweiß. Zuvor hatte er während eines Corona-bedingten Lockdowns mehrere Kontrolltermine verpasst.

Fall 3

Auch im dritten Fall kam der Patient bereits mit Symptomen - Fieber und Halsschmerzen - in die Praxis. Auch hier hatte der Corona-Lockdown einen Kontrolltermin verhindert. Die PrEP hatte der 31-Jährige zuvor seit eineinhalb Jahren kontinuierlich eingenommen. Der negative HIV-Test vor Einnahmebeginn lag nur vier Tage zurück. Trotzdem war er bei der HIV-Diagnose bereits im Stadium VI und wies zudem eine Resistenzmutation gegen FTC auf.

Nach Stellbrink zeigen gerade die beiden letzten Fälle, wie wichtig regelmäßige Kontrolluntersuchungen bei PrEP-Einnahme sind. Die fehlenden Arztkontakte und das unzureichende Monitoring könnten die unregelmäßige Einnahme der PrEP-Medikamente begünstigt haben. Letztlich habe dies wohl zu deren Versagen beigetragen.

Wie der Experte betont, sind Angaben der Patienten zu angeblich fehlenden Risikokontakten vor Beginn der PrEP mit Zurückhaltung zu bewerten, da sie möglicherweise auf einer Fehleinschätzung der Risiken beruhten. Stellbrinks Fazit: "Wir müssen ständig und immer wieder über den korrekten und sinnvollen PrEP-Gebrauch reden!"