Die neuen europäischen Herzinsuffizienz-Leitlinien 2021 für Patienten mit reduzierter Pumpfunktion (HFrEF) bringen wesentliche Neuerungen mit sich.

Vier prognostisch wirksame Medikamente sollten laut Leitlinie nun alle Patienten erhalten. Zudem ist die Therapie so früh wie möglich zu beginnen, sobald der Patient etwa nach einer Dekompensation wieder hämodynamisch stabil ist, so Prof. Michael Böhm, Direktor der Klinik für Innere Medizin III, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg.

Die vier gleichwertigen Medikamente der ersten Stufe (Klasse-1a-Empfehlung) sind Betablocker, ARNI, SGLT2-Inhibitoren sowie Mineralkortikoidrezeptorantagonisten (MRA). Diese wirken alle früh und sollten deshalb laut Böhm auch so früh wie möglich ggf. in zunächst niedriger Dosis gegeben werden. "Wir fangen die Therapie nicht mehr mit ACE-Hemmer oder AT1-Blocker an, sondern geben primär den ARNI Sacubitril/Valsartan (Entresto®)", sagte Böhm. Dieser sei prognostisch überlegen, und zwar schon innerhalb von 28 Therapietagen.

Womit man beginnt, richtet sich nach Patientenkriterien wie Blutdruck, Herzfrequenz, renaler Situation oder Vorhofflimmern. Für Patienten mit gutem Blutdruck sei der ARNI gut verträglich, er mache die stärksten Remodeling-Effekte. Bei niedrigem Blutdruck sei ein Start mit SGLT2-Inhibitoren und Eplerenon sinnvoll, bei hoher Frequenz der Betablocker. "Erfahrungsgemäß stabilisiert sich der Blutdruck etwas, wenn die Therapie greift", erklärte Böhm.

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Der Blutdruck ist ein wichtiges Kriterium für die Behandlungswahl.

Cave Untertherapie bei "stabilen" Patienten

Wie ist vorzugehen bei einem klinisch stabilen Herzinsuffizienzpatienten mit leichter Symptomatik, erhöhtem BNP-Wert und mit schlechter linksventrikulärer Ejektionsfraktion, der auf ACE-Hemmer und Betablocker eingestellt ist? Patienten in dieser Situation haben laut Böhm ein deutlich erhöhtes Risiko für den plötzlichen Herztod. Dieses lasse sich reduzieren, wenn der Patient die "Big Four" erhalte. Der Patient benötige den ARNI anstelle des ACE-Hemmers, zudem einen SGLT2-Inhibitor und einen MRA.

Neu in den Leitlinien ist die Kategorie der leicht reduzierten Ejektionsfraktion mit Werten zwischen 40% und 50%. Diese Patienten wurden bisher "sträflich vernachlässigt", so Böhm. Jetzt kann der Einsatz der "Big Four" mit einer Klasse-2b-Empfehlung "erwogen werden".

Quelle: "Coffee-Talk: Praxis-Leitlinie Herzinsuffizienz UP2DATE", 1. Juli 2021 (Veranstalter: Novartis)