Eine delirante Episode im Krankenhaus ist laut einer Metaanalyse ein unabhängiger Risikofaktor für die Entwicklung längerfristiger kognitiver Defizite. Dabei spielt die Ätiologie des Delirs keine Rolle.

Ausgewertet wurden 23 Studien aus den Jahren 1965-2018. Der primäre Ergebnisparameter war das Ausmaß des kognitiven Abbaus bei deliranten Patienten (n = 3.562) gegenüber nicht deliranten Kontrollpatienten (n = 6.987). Die Effektgröße wurde in Hedges g ermittelt, was bei sehr unterschiedlichen Stichprobengrößen die präferierte Methode ist. Ähnlich wie bei Cohen's d ist eine Effektstärke von 0,2 klein, 0,5 mittel und 0,8 ausgeprägt.

Die Patienten waren zu Studienbeginn zwischen 57 und 90 Jahre alt und wurden zwischen 0,3 und 10 Jahre lang nachverfolgt. Es ergab sich ein signifikanter Einfluss des Delirs auf längerfristige kognitive Einbußen. Die Effektstärke lag mit 0,45 in einem mittelstarken Bereich. Interessant ist dabei, dass die Effektstärke unabhängig davon zu sein schien, ob ein postoperatives Delir oder ein Delir anderer Ätiologie vorlag. Zudem konnte kein überzeugender Hinweis gefunden werden, dass sich Geschlecht oder präexistente Komorbiditäten entscheidend auf die kognitiven Störungen Delir auswirkten.

MMW-Kommentar

Das Auftreten eines Delirs im Krankenhaus oder als Aufnahmegrund ist ein zunehmendes und zu beachtendes Problem. Dass nach einem Delir kognitive Defizite bestehen bleiben können, ist aus der alltäglichen Praxis bekannt. Die Metaanalyse bestätigt diesen Eindruck und bringt auch längerfristige kognitive Störungen damit in Verbindung. Verwunderlich ist der fehlende Einfluss von Komorbiditäten. Zum einen haben Patienten mit einer Demenz und anderen präexistenten neurologischen Erkrankungen ein erhöhtes Delirrisiko, zum anderen bestehen bereits kognitive Defizite, die sich auch ohne ein Delir verschlechtern können.

Auch wenn die starke Heterogenität der eingeschlossenen Arbeiten eine Limitation darstellt: Die größte Studie (n = 2.014) ergab einen starken Zusammenhang (Hegdes g = 0,61) - zumindest für das postoperative Delir bei Patienten im Alter > 65 Jahre. Im Idealfall sollten solche Patienten neurologisch zumindest zwölf Monate lang nachverfolgt werden.

Quelle: Goldberg TE, Chen C, Wang Y et al. Association of delirium with long-term cognitive decline: A meta-analysis. JAMA Neurol. 2020;13:e202273

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Prof. Dr. med. M. Maschke

Neurologie und Neurophysiologie, Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Trier