Individuelle Faktoren wie Krankheiten oder Alter beeinflussen den Verlauf von COVID-19-Erkrankungen. Wie Sie in der Praxis gefährdete Patienten erkennen, was Sie für Diabetes-Patienten präventiv tun können und mit welchen neurologischen Komplikationen bei SARS-CoV-2-Infizierten gerechnet werden muss, lesen Sie auf den folgenden Seiten.

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© Drazen Zigic / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodellen)

Wissenschaftler der Universität Erlangen-Nürnberg und der LMU München haben ein Score-System entwickelt, mit dem das Risiko für einen schweren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung kalkuliert werden kann. Der IKKA-Score, der v. a. für die primärpräventive Anwendung im Arbeitsschutz konzipiert wurde, soll Ärztinnen und Ärzten als Entscheidungshilfe bei der Beurteilung des individuellen Risikos durch SARS-CoV-2 dienen.

Je nach Schweregrad der Risikofaktoren werden in dem dreistufigen IKKA-Score in vier Kategorien jeweils bis zu zehn Punkte vergeben. In der Kategorie I etwa wird Immunsuppression durch Erkrankungen oder Therapie mit einem maximalen Wert von 10 beziffert. In der Kategorie II werden der Schwergrad von Vorkrankungen und verminderte Ressourcen zur Überwindung von COVID-19 berücksichtigt. In Kategorie III fließen weitere Komorbiditäten und Risikofaktoren gemäß RKI ein. Um einen möglicherweise additiven Effekt bei Vorliegen multipler Komorbiditäten zu berücksichtigen, wird pro weiterem vorhandenem Risikofaktor in dieser Kategorie ein Score-Punkt vergeben. In Kategorie IV schließlich wird das Alter berücksichtigt. Personen zwischen 50 und 59 Jahren erhalten 4, ab 60 Jahren 10 Punkte.

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Ist sie gesund genug für den Präsenzunterricht?

Aus der Gesamtpunktzahl des IKKA-Scores ergibt sich die Zuteilung zu einer von vier definierten Tätigkeitsgruppen, die die jeweilige Einsatzmöglichkeit am risikoadaptierten Arbeitsplatz festlegt. Die Eingruppierung richtet sich nach dem Grad der Schutzbedürftigkeit aufgrund der jeweiligen Risikokonstellation und erlaubt den Beschäftigten je nach Score-Summe eine Tätigkeit mit sehr hoher Gefährdung gemäß BMAS (Tätigkeitsgruppe 1; 0-3 Score-Punkte), geringer, mittlerer oder hoher Gefährdung (Tätigkeitsgruppe 2; 4-6 Score-Punkte), geringer oder mittlerer Gefährdung (Tätigkeitsgruppe 3; 7-9 Score-Punkte) oder geringer Gefährdung (Tätigkeitsgruppe 4; ≥ 10 Score-Punkte).

Quelle: Wolfschmidt, A. et al. IKKA-Score zur Vereinheitlichung der Beurteilung des individuellen Risikos durch SARS-CoV-2.

Wer darf wo arbeiten?

Als Beispiele werden die Arbeitsplätze "Schule" und "Krankenhaus" genannt. Während z. B. für Lehrer bei einer Zuordnung zu Tätigkeitsgruppe 1 keine Einschränkungen bestehen, ist in Gruppe 2 ein Präsenzunterricht nur unter Auflagen möglich, in Gruppe 3 erweitert sich der Maßnahmenkatalog für den Präsenzunterricht, und für Gruppe 4 wird kein Einsatz im Präsenzunterricht, sondern die Tätigkeit im Homeoffice oder im Einzelbüro ohne Publikumsverkehr und Schülerkontakt empfohlen. Beschäftigte im Krankenhaus, die der Gruppe 2 zugeordnet werden, sollen keinen Kontakt zu COVID- oder COVID-verdächtigen Patienten oder Personen ohne Mundschutz haben. Personen der Gruppe 3 sollen u. a. bevorzugt patientenferne Tätigkeiten verrichten und in Gruppe 4 soll wiederum völlig auf Publikumsverkehr oder Patientenkontakt verzichtet werden.

Anna Wolfschmidt von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Kollegen halten das neue Score-System aufgrund der Möglichkeit einer einheitlichen Risikobeurteilung, seiner Effizienz und schnellen Durchführbarkeit für geeignet, um es im Praxisalltag einzusetzen. Im Laufe der Zeit müsse es an neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu COVID-19 angepasst werden.