Bewohner von Pflegeheimen haben ein deutlich erhöhtes Risiko für Pneumonien und Influenza. Es ist aber unklar, welche Patienten so stark erkranken, dass sie ins Krankenhaus eingewiesen werden müssen. Mit einer retrospektiven Kohortenstudie sollte hier ein wenig Klarheit geschaffen werden.

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Klinikeinweisungen können durch Impfungen verhindert werden.

Dafür wurden Datensätze von US-amerikanischen Medicare-Patienten ausgewertet. Etwa 1,1 Millionen von ihnen waren Neuankömmlinge im Pflegeheim, die erst seit weniger als 100 Tagen dort betreut wurden. Ihnen wurden fast 600.000 andere Patienten gegenübergestellt, die schon längere Zeit dort wohnten. Analysiert wurde die Inzidenz von Krankenhauseinweisungen wegen Pneumonie oder Influenza und der mögliche Einfluss, den demografische Faktoren, geriatrische Syndrome, Begleiterkrankungen und Medikation darauf haben könnten.

Unter den erst kurze Zeit gepflegten Bewohnern betrug die 30-Tages-Inzidenzrate für die Klinikeinweisung 26,0 je 100.000 Personentage, bei den Langzeit-Heimbewohnern dagegen 34,5. Die statistische Regressionsanalyse ergab bestimmte Risikofaktoren für eine Hospitalisierung, v. a. ein Alter über 85 Jahren, die Aufnahme aus einem Akutkrankenhaus, bestimmte kardiovaskuläre und pulmonale Vorerkrankungen sowie ein eingeschränkter funktionaler Status. Auch eine vorherige Antibiotikatherapie wirkte sich negativ aus. Die Faktoren waren in den beiden Gruppen unterschiedlich prävalent und wirkten sich daher auch unterschiedlich stark aus.

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Quelle: Moyo P, Zullo AR, McConeghy KW et al. Risk factors for pneumonia and influenza hospitalizations in long-term care facility residents: a retrospective cohort study. BMC Geriatr. 2020;20:47

MMW-Kommentar

Atemwegserkrankungen, v. a. die Pneumonie, bedingen bei Pflegeheimbewohnern immer noch ein hohes Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko. Die Annahme, das Pflegeheim selbst wäre der Risikofaktor, ist natürlich falsch. Erwartungsgemäß sind Funktionalität, Komorbiditäten und geriatrische Syndrome ausschlaggebend für die Häufigkeit von Infektionen mit konsekutiver Hospitalisierung. Daher ist auch der Unterschied zwischen der Lang- und Kurzzeitpflege nicht unbedingt überraschend.

In Deutschland beträgt die mittlere Verweildauer im Pflegeheim ca. sieben Monate. Eine Risikostratifizierung könnte sich also lohnen. In jedem Fall gilt es, Erkrankungen durch Impfungen gegen Influenza und Pneumokokken gemäß den STIKO-Empfehlungen und den Hinweisen der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie für Pflegeheimbewohner zu verhindern. Dies lohnt sich übrigens auch volkswirtschaftlich [Ozawa S et al. Health Aff. 2016;35:2124-32].

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Prof. Dr. med. H. J. Heppner

Geriatrische Klinik und Tagesklinik, Helios Klinikum Schwelm