Medizinische Cannabisextrakte enthalten über 600 verschiedene Inhaltsstoffe, erklärte Angelika Hilker, Allgemeinärztin aus Bochum. Hinzu kommen Terpene und Flavonoide. Dies begründet die Vielzahl von Wirkungen der Vollspektrumextrakte, angefangen von der analgetischen, antiemetischen und appetitanregenden Wirkung des Tetrahydrocannabinol (THC) über antiinflammatorische und krampflösende Effekte des Cannabidiol (CBD) bis hin zu antibakteriellen und antiproliferativen Wirkungen, die einigen Phytocannabinoiden haben.

Es sei möglich, so Hilker, Cannabisextrakte mit vielen Behandlungsformen zu kombinieren, etwa Chemo- oder Strahlentherapien. Cannabidiol habe keine psychotropen Wirkungen, könne aber krebsbedingte Symptome wie Schmerzen, Schlaflosigkeit, Angstzustände und Depressionen lindern.

Vor der Abgabe von Cannabisprodukten muss in der Apotheke ein Identitätstest erfolgen. Dafür gibt es jetzt Schnelltests. Zudem können die Extrakte heute bei Raumtemperatur gelagert werden.

Als weitere Vorteile der Vollspektrumextrakte nannte Hilker das langsame Anfluten der Wirksubstanzen im Körper mit langer Wirkdauer, sodass 2-bis 3mal tägliche Gaben ausreichen. Das bedeutet aber auch, dass Vollspektrumextrakte etwa bei Schmerzspitzen nicht geeignet sind.

Zu beachten sei der starke First-pass-Effekt bei oraler Einnahme. Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sind noch nicht ausreichend erforscht.

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Die Schmerztherapeutin rät, sich zu Beginn langsam und gemeinsam mit dem Patienten an eine Therapie mit einem Cannabisvollspektrumextrakt heranzutasten, etwa mit einem Extrakt mit ausgewogenem THC/CBD-Verhältnis. Bei Schlafstörungen sollte eher ein Produkt mit höherem CBD-Anteil gewählt werden, bei schwerer Schmerzsymptomatik wird der THC-Anteil erhöht.

Quelle: Online-Symposium "Medizinisches Cannabis - Extrakte oder Blüten, was ist für wen geeignet?", Deutscher Schmerz- und Palliativtag 2020 der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin; 23. Juli 2020 (Veranstalter: Tilray)