COVID-19 kann zu einer Vielzahl neurologischer und psychiatrischer Krankheitsbildern führen. Bei jüngeren Patienten treten eher psychiatrische Störungen auf, bei älteren eher Schlaganfälle.

Britische Fachgesellschaften erfassen seit April 2020 über ein Online-Portal neurologische und psychiatrische Komplikationen von COVID-19. Vom 3.-26. April wurden dort 153 Patienten im medianen Alter von 71 Jahren registriert. Es lagen 125 komplette Datensätze vor, die ausgewertet wurden.

77 dieser Patienten (62%) wiesen eine zerebrovaskuläre Manifestation auf. Davon hatten 57 einen ischämischen Insult erlitten, 9 eine intrazerebrale Blutung und einer eine zerebrale Vaskulitis.

Bei 39 Patienten (31%) wurde eine Veränderung des mentalen Status beobachtet. 9 wiesen eine akute Enzephalopathie auf. Bei 21 traten neue psychiatrische Manifestationen auf. Bei 10 bestand eine akute Psychose, 6 hatten ein Syndrom mit demenziellen Symptomen und 4 zeigten eine Affektstörung.

Fast die Hälfte der Patienten mit psychiatrischen Manifestationen war jünger als 60 Jahre. Von den Patienten mit zerebrovaskulären Ereignissen waren nur 18% jünger als 60 Jahre.

Quelle: Varatharaj A, Thomas N, Ellul MA et al. Neurological and neuropsychiatric complications of COVID-19 in 153 patients: a UK-wide surveillance study. Lancet Psychiatry 2020, online 25. Juni

MMW-Kommentar

Über Schlaganfälle als neurologische Manifestation von COVID-19 wurde inzwischen viel berichtet. Diese sind, wenn es sich um Verschlüsse großer hirnversorgender Arterien handelt, am ehesten durch die COVID-19-typische Gerinnungsstörung bedingt. Bei lakunären Infarkten könnten geschädigte Gefäßwände der kleinen penetrierenden Arterien der Auslöser sein. Bei Enzephalopathien ist es schwierig zu unterscheiden, ob sie als Krankheitsfolge oder als Komplikation der sedierenden Begleitmedikation auftreten.

Bei den psychiatrischen Manifestationen muss berücksichtigt werden, dass sie nur bei Patienten gestellt werden können, die nicht sediert und beatmet sind. Bisher ist nicht bekannt, ob die erkrankten Patienten langfristig unter den zentralen Folgen einer COVID-19-Erkrankung leiden.

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Prof. Dr. med. H.-C. Diener

Klinische Neurowissenschaften, Universität Duisburg-Essen