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Vertragsärzte haben ab sofort eine neue Pflicht: Wenn sie einem Patienten länger als sechs Wochen eine Arbeitsunfähigkeit (AU) bescheinigen, müssen sie prüfen, ob eine Wiedereingliederung in den Beruf möglich ist. Dies kann viel Arbeit machen - und wird nicht vergütet.
Der Anspruch des Patienten auf eine Wiedereingliederung ist im § 74 SGB V gesetzlich geregelt. Dass dieser Prozess nun bereits in der Arztpraxis beginnt, ist eine Vorgabe, die im vergangenen Jahr mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) hinzukam. Der Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) hat bereits am 22. November 2019 seine Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie angepasst. Der Bewertungsausschuss kam danach zum Ergebnis, dass keine Anpassung des EBM erforderlich sei und diese Leistung gratis erbracht werden müsse.
MMW-Kommentar
Wie die Vertreter von KBV und Kassen zu diesem Ergebnis kommen konnten, ist schwer nachvollziehbar. Vertragsärzte müssen nun nach sechs Wochen nicht nur feststellen, ob die AU weiterhin besteht, sondern auch prüfen, ob sie ihrem Patienten eine stufenweise Wiedereingliederung empfehlen können. Auf der AU-Bescheinigung (Formular 1) wird dies durch das Ankreuzen des Feldes "Stufenweise Wiedereingliederung" dokumentiert. Danach muss mit Einverständnis des Versicherten und nach Rücksprache mit dem Arbeitgeber ein Wiedereingliederungsplan (Formular 20) erstellt werden.
Hinzu kommt, dass geprüft werden muss, ob eine solche stufenweise Wiedereingliederung auf der Grundlage des körperlichen, geistigen und seelischen Gesundheitszustands des Patienten überhaupt möglich ist. Dies kann schlechterdings nur durch eine (zusätzliche) körperliche, neurologische und psychiatrische Untersuchung erfolgen. Auch diese neue Leistung soll mit der Versichertenpauschale abgegolten sein, obgleich sie bei deren Kalkulation ja gar nicht berücksichtigt worden sein kann.
Schlimmer noch: Man muss auch prüfen, ob eine stufenweise Wiedereingliederung nicht die Genesung gefährden könnte. Dies hat bereits den Stellenwert einer gutachterlichen Stellungnahme - und kann noch dadurch verkompliziert werden, dass die ärztliche Empfehlung nicht gegen den Willen des Patienten erfolgen darf. Hier wurde eine neue bürokratische Belastung für die Praxen geschaffen, deren Aufwand ebenfalls nicht vergütet wird.
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Zimmermann, G. Neue Pflicht zur Beratung bei längerer AU . MMW - Fortschritte der Medizin 162, 30 (2020). https://doi.org/10.1007/s15006-020-4325-8
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