Überzeugungsarbeit -- Es reicht nicht, einen Impfstoff zur Verfügung zu stellen und darüber zu informieren. Durchimpfungsraten werden maßgeblich von der Kommunikation dazu bestimmt.

Vor 10 Jahren hat Prof. Heidi Larson von der London School of Hygiene & Tropical Medicine in Großbritannien das Vaccine Confidence Project gegründet (www.vaccineconfidence.org). „Eines der Dinge, die wir seitdem gelernt haben, ist, dass es nicht nur um die spezielle Impfung und das jeweilige Produkt geht, sondern um Vertrauen in die Versorger, in das Gesundheitssystem, in die Gesundheitspolitik.“ Larson machte darauf aufmerksam, dass die Covid-19-Pandemie weltweit zum Herunterfahren der medizinischen Routineversorgung geführt hat und zum Beispiel hunderte Millionen Kinder keine Masernimpfungen erhalten haben. Dies beeinträchtige das Vertrauen in Gesundheitssysteme.

Toxischer Kommunikationsmix

Die Virologin Prof. Margaret Stanley von der University of Cambridge, Großbritannien, machte am Beispiel der HPV-Impfung in Japan deutlich, wie ein „toxischer Mix“ aus Medienberichten, politischen Fehlern und geschürten Ängsten zu einer dramatischen Vertrauenskrise mit Impfraten im einstelligen Prozentbereich führen kann. In Irland war es ebenfalls im Zusammenhang mit Falschnachrichten zu Einbrüchen der HPV-Impfraten gekommen.

Emotionen beeinflussen die Zustimmungsraten und sollten bei Impfkampagnen berücksichtigt werden, erklärte Larson. „Wir müssen sowohl die positiven Seiten der Impfungen hervorheben als auch auf Befürchtungen eingehen.“ Jetzt sei noch Zeit, bis eventuell ein SARS-CoV-2-Impfstoff zur Verfügung steht. „Nutzen wir sie!“

Unterschiedliche Zustimmungsraten

Die Zustimmungsraten zu einer potenziellen SARS-CoV-2-Impfung sind derzeit regional sehr verschieden. Laut einer weltweiten Umfrage von Emerson Polling im Juni 2020 würden in China 87% der Bevölkerung diese Impfung nutzen, in Russland dagegen nur 55%. Deutschland liegt mit 69% im Mittelfeld. Larson sprach sich dafür aus, das „emotionale Klima“ in der Bevölkerung regelmäßig zu messen. „Wir müssen mehr zuhören!“ Die Kommunikation zu dem Thema werde wesentlich von öffentlichen Schlüsselfiguren bestimmt, ggf. auch von Unternehmen und Arbeitgebern.

Stanley mahnte vor allem eine gute Planung an, bevor ein Impfprogramm startet. Dabei gehe es um Kommunikation auf Augenhöhe. Die Medien sollten konstant mit Informationen zu Effektivität und Sicherheit versorgt werden. Zugleich gelte es, auf das Verbreiten von Gerüchten vorbereitet zu sein.